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Vorbemerkung

Dr. Herbert Ehrenberg, von 1976 bis 1982 Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und von 1972 bis 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages, hat immer wieder auf die positiven Erfahrungen mit einer marktwirtschaftlichen, aber sozial gebundenen Wirtschaftsordnung hingewiesen. Ohne den Produktionsfaktor Sozialstaat gebe es auch keine stabile Wirtschaft. Mit dieser Grundüberzeugung hat er die Tagungsleitung unserer Konferenz zur Beschäftigungspolitik im deutsch-amerikanischen Vergleich übernommen, auf der diese Broschüre aufbaut. Aus der Distanz zum Tagesgeschehen hat er in den letzten Jahren zahlreiche Beiträge und Analysen zu drängenden Fragen und Problemen der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik vorgelegt. Er hat sich insbesondere mit viel Engagement für den wirtschaftlichen und sozialen Integrationsprozeß in Ostdeutschland eingesetzt. Sein Rat und seine aktive Hilfe waren stets gefragt und eine wertvolle Unterstützung beim Aufbau einer sozialen Marktwirtschaft. Für die Friedrich-Ebert-Stiftung hat er seine Erfahrungen in vielfältiger Weise eingebracht. In zahlreichen Veranstaltungen auch der Reihe „Wirtschaftspolitische Diskurse" hat er zu Fragen des rasanten wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozesses mit seinen tiefgreifenden Folgen für die Menschen Stellung bezogen und Empfehlungen für eine sozialverträgliche Umgestaltung gegeben. Herbert Ehrenberg feierte am 21.12.1996 seinen 70. Geburtstag. Aus Dankbarkeit für sein Engagement und in Anerkennung seiner Verdienste möchte wir ihm zu diesem Anlaß diese Broschüre widmen.

„Beschäftigungswunder Amerika" oder „Job-Maschine USA" sind Begriffe, die deutsche Medien für die dynamische Arbeitsplatzentwicklung in den USA prägen. Im Gegensatz hierzu ist angesichts zunehmender Massenarbeitslosigkeit und Beschäftigungsverluste das Bild des deutschen Arbeitsmarktes deutlich eingetrübt.

Es gibt hierzulande Stimmen in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion, die den amerikanischen Beschäftigungszuwachs auf die geringe Regulierung und hohe Anpassungsflexibilität des Arbeitsmarktes, eine breite Lohnspreizung sowie das wenig ausgebaute soziale Netz zurückführen. Therapievorschläge zur Lösung der Beschäftigungskrise in

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der Bundesrepublik, die sich am amerikanischen Leitbild orientieren, zielen dementsprechend auf eine breite Deregulierung und den Abbau vermeintlicher Hemmnisse (Sozialleistungen, Kündigungsschutz, Lohnstrukturen). Die Forderung lautet, daß unsere Gesellschaft „amerikanischer" werden müßte.

Eine andere Position verweist auf die Kehrseite der Medaille. Nicht zuletzt von amerikanischen Stimmen werden die Begleiterscheinungen der Arbeitsmarktentwicklung durchaus kritisch gewürdigt. Der gesamtwirtschaftliche Produktivitätszuwachs war in den USA im Vergleich zur Bundesrepublik gering. Das Beschäftigungswachstum in den USA war mit einer Einkommenspolarisierung und für breite Teile der Arbeitnehmerschaft mit massiven und dauerhaften Einkommensverlusten verbunden. Glaubt man Meinungsumfragen, reichen Zukunftsangst und Verunsicherung mittlerweile bis weit in die Mittelschichten hinein.

In der Diskussion über die Übertragbarkeit von Modellen sind Mißverständnisse und Fehldeutungen nicht selten; Erfolgskonzepte sind nicht schlicht kopierbar und Patentrezepte gibt es ohnehin nicht. Man kann aber aus Erfahrungen lernen: eine anspruchsvolle Analyse kann die grundlegenden Strukturen, die Folgen und Wirkungen unterschiedlicher arbeitsmarktpolitischer Strategien herausarbeiten, um mögliche Lösungsansätze zu konturieren.

Es war das Ziel unserer Fachkonferenz, Arbeitsmarktexperten aus den USA und Deutschland zu einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zusammenzuführen, um ein differenziertes Bild jenseits einseitiger Schwarz-Weiß-Malerei zu zeichnen. Die vorliegende Broschüre faßt die Vorträge der Tagung thematisch gegliedert zusammen. Für die Konzeption und Durchführung der Konferenz sowie die Redaktion der Broschüre zeichnet Udo Scholten vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, mit der Organisation war Ilona Reuter betraut. Den Tagungsbericht erstellte Ingo Zander, Sozialwissenschaftler und Journalist aus Kerpen.

Abteilung Wirtschaftspolitik
Bonn, im Dezember 1996


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Februar 2001

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