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[Seite der Druckausgabe: 26]

4. Mittelständische Innovationsfinanzierung

Staatliche Stellen, Geldinstitute und die Unternehmen selbst finanzieren die Modernisierung der Industrie Vorpommerns. Der Tagungsdiskurs auf dem Feld der mittelständischen Innovationsfinanzierung eröffnete einen weiteren Problemhorizont.

Für die Investoren gilt die Faustformel: ein Drittel der Unternehmung bzw. des Projektes sollte aus Eigenkapital finanziert werden. Jedes zu finanzierende Innovationsprojekt beruht auf einer Mischfinanzierung aus Eigenkapital, Rücklagenbildung, Gewinnanlage, Beteiligungen und vor allem der Fremdfinanzierung. Während die Konkretisierung der Unternehmensidee noch mit vergleichsweise geringen Mitteln zu erreichen ist, nehmen die Kosten des Innovationsprozesses in der Phase von F&E-Vorhaben und des Produktionsaufbaus erheblich zu, bis zu dem Zeitpunkt, an dem Gewinne erzielt werden.

Daraus resultieren wirtschaftliche Startschwierigkeiten, auf die die Landesregierung u.a. mit Technologieförderprogrammen reagiert. Im Rahmen eines landeseigenen Technologieförderprogramms wurden bisher 34 Projekte mit 9 Mio. DM gefördert, davon entfallen auf die Region Vorpommern 8 Projekte mit insgesamt 2,62 Mio. DM. Der Wirtschaftsausschuß installierte inzwischen 8 Mio. DM an Fördermitteln zusätzlich zu den Mitteln des Haushaltsjahres 1992. Nach den Verlautbarungen des Wirtschaftsministeriums werden die Mittel in den kommenden Jahren kaum wachsen, sondern auf dem augenblicklichen Stand eingefroren.

Allgemein profitiert Vorpommern nur wenig von den Förderprogrammen, die der Bund eingerichtet hat. Bei dem technologieorientierten Unternehmensgründerprogramm des BMFT z.B. entfallen nur etwa ein Zehntel der jeweiligen Anträge aus Mecklenburg-Vorpommern auf die Region Vorpommern. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei dem Innovationsförderprogramm des BMWi. Auch die Inanspruchnahme des landeseigenen Technologieförderungsprogramms durch die gewerbliche Wirtschaft erfolgt schleppend. Die ungeklärten Eigentumsverhältnisse tragen sicher dazu bei. Den potentiellen Innovatoren mit Produktideen, die durchaus in eine Marktlücke stoßen, fehlt aber in erster Linie das notwendige Eigenkapital.

Dabei spielen vor allem die Voraussetzungen für den Erhalt von Fördermittel eine entscheidende Rolle. Die Mittelzuweisung war von vornherein an das Vorhandensein eines 50%igen Eigenkapital gebunden. Neuerdings sehen die EG-Richtlinien bereits ein Eigenkapital von 60% vor, nur noch 40% kann an Fördermitteln ausgeschüttet werden. Allenfalls die Streckung des Vermarktungsprozesses kann hier als Kniff Abhilfe schaffen, d.h. die Aufgliederung in Teilbereiche mit geringerer Kapitalintensität. Denjenigen Betrieben, die einen geschlossenen Pro-

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duktionsprozeß benötigen, bleibt diese Strategie der schrittweisen Unternehmensgründung allerdings verschlossen.

Die deutsche Wirtschaft kann ungefähr 600 bis 700 Fördermöglichkeiten, davon rund 150 EG-Programme, auf den unterschiedlichsten Feldern nutzen. Darüber haben die einzelnen Unternehmen kaum einen Überblick. Die Einrichtung weiterer Förderprogramme im vorhandenen Bündel der Maßnahmen von EG, Bund und Land löst daher die gegenwärtige Stagnation im Innovationsprozeß nicht.

Auf der Suche nach geeigneten Mechanismen, die den Teufelskreis durchbrechen, indem sie die Eigenkapitalproblematik abschwächen, sind Komplementärfinanzierungsinstrumente zu prüfen. Die Fremdfinanzierung kann über Bankkredite, Landesbürgschaften oder über Venture-Capital-Fonds erfolgen. Patentrezepte gibt es nicht. Die Schwerfälligkeit der Geldinstitute ist allerdings wenig geeignet, den Innovationsprozeß zu beschleunigen; ganz im Gegenteil trägt das risikoscheuende Verhalten deutscher Banken zu seiner Verlangsamung bei. In der Frage der Evaluierungskompetenz der Banken vor Ort zeigt sich: ihnen fehlen die objektiven Kriterien, um die Erfolgsaussichten einer Innovation auf dem Markt zu bewerten. Eine Risikobürgschaft durch das Land kann den Banken zwar zusätzliche Sicherheit bieten; in erster Linie bieten sich aber Venture-Capital-Fonds als Komplementärfinazierungs-instrument an.

Diese Welle schwappte 1982 von den USA nach Deutschland über und wurde mit mehr oder weniger großem Erfolg auf deutsche Verhältnisse übertragen. Etwa 1983 gab es bereits 25 Fonds, die von den regionalen Geldinstituten geschaffen wurden und Eigenkapital für Innovationen zur Verfügung stellten. Besonders aus dem Sparkassensektor entstanden Fonds, die nachweislich Gründerunternehmen unter Wirtschaftsfördergesichtspunkten finanziert haben.

Venture-Capital-Fonds könnten daher jungen, technologieorientierten Unternehmen einen begrenzten Ausweg aus dem Dilemma der Eigenfinanzierung bieten. Sie bilden einen geeigneten Rechtsrahmen für die Innovationsfinanzierung und die existierenden Erfahrungen mit den Fonds sind auf die Region Vorpommern übertragbar. Darüber hinaus müssen sie nicht auf die enge Region beschränkt werden, sondern könnten durchaus für die gesamte Oder-Region eingerichtet werden. Die Kommunikation darüber ist bereits entfacht, der Durchbruch zur Schaffung der Fonds allerdings noch nicht erreicht. Voraussetzung ist für ein effizientes Ansiedlungsmanagement in diesem Kontext, daß die Fonds auch den absoluten Gründerunternehmen zur Verfügung stehen, die auf dem Kapitalmarkt nur wenige Finanzierungsoptionen vorfinden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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