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2. Wirtschaftliche Förderung des Bundes in den neuen Bundesländern




2.1 Das Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost" im Rahmen der Bundeshilfen für die neuen Bundesländer

Vor allem der Bund muß dazu beitragen, den tiefgreifenden Strukturwandel, der zwangsläufig mit dem Übergang einer 45 Jahre alten sozialistischen Kommandowirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft einhergeht, zu bewältigen. D.h., daß er den Übergang zu wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstrukturen unterstützen muß. Dabei müssen die neuen Bundesländer als Produktions- und Industriestandorte erhalten werden, damit dort Betriebe aller Branchen und Größenordnungen Arbeitsplätze unterschiedlicher Qualifikation und Voraussetzungen bereitstellen und auch die für die wirtschaftliche Entwicklung besonders bedeutsamen produktionsnahen Dienstleistungen genügend Nachfrage finden. Nur dann besteht eine begründete Chance für die neuen Bundesländer, ohne dauerhafte Alimentierung durch die alten Bundesländer ein eigenständiges Wirtschaftspotential zu entwickeln.

Der Schlüssel für die wirtschaftliche Erholung in den neuen Bundesländern sind private und öffentliche Investitionen. Daher geht es der Bundesregierung einmal darum, durch Investitionsfördermaßnahmen und andere Hilfen einen arbeitsplatzschaffenden Investitionsaufschwung in Gang zu bringen. Zum anderen geht es darum, die Zeit bis zum Wirken dieser Maßnahmen zu überbrücken und durch eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern, Gemeinden, Tarifparteien, Verbänden und allen gesellschaftlichen Gruppen die Zeit bis zum Entstehen genügend neuer Arbeitsplätze zu verkürzen und Brücken in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse zu bauen.

Um die vom Strukturwandel Betroffenen in den neuen Bundesländern an den Maßnahmen zum Aufbau zu beteiligen, hat die Bundesregierung zusätzlich zu den schon vorher beschlossenen Hilfen das Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost" beschlossen. Darin hat sie auch den Aufbau von sogenannten Aufbaustäben auf regionaler Ebene unter der Leitung von Landräten oder Oberbürgermeistern vorgeschlagen, die alle Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung begleiten sollen. Mitglieder der Aufbaustäbe sollen Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung, der örtlichen Wirtschaft und ihrer Verbände sowie des Handwerks, der Kammern und Gewerkschaften sein.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung an Arbeitgeber, Gewerkschaften, Verbände und gesellschaftliche Gruppen appelliert, durch solidarische Beiträge zum Erfolg des Gemeinschaftswerks "Aufschwung Ost" beizutragen.

Die finanziellen Leistungen des Bundes insgesamt im Jahre 1991 zum Aufbau der neuen Bundesländer werden derzeit auf etwa 100 Milliarden DM beziffert. Insgesamt gibt es etwa 700 Maßnahmen für den Aufbau der fünf neuen Bundesländer. Mit dem Gemeinschaftswerk

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"Aufschwung Ost", das am 8. März 1991 beschlossen wurde, wird der verfügbare Finanzrahmen um 24 Milliarden DM für die Jahre 1991/92 ausgeweitet. Im Jahre 1991 wurden gleichzeitig 37,5 Milliarden DM an investiven Mitteln durch Unternehmen des Bundes in die neuen Länder umgeleitet und damit noch einmal zusätzliche Beschäftigungswirkungen vor Ort in Bau und Handwerk gefördert. Von den insgesamt etwa 700 Maßnahmen sind 40 Maßnahmenbereiche wirtschaftspolitisch relevant. [Fn 1: Auflistung und Erläuterung der folgenden Wirtschaftsfördermaßnahmen beruhen auf: Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.): Wirtschaftliche Förderung in den neuen Bundesländern, Stand Mai 1991. Dort sind die Maßnahmen vollständig aufgeführt und im Detail einschließlich der Antragswege erläutert.]

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2.2 Mittelstandspolitische Hilfen

Kleine und mittlere Unternehmen stellen in den westlichen Bundesländern und in allen westlichen Industriestaaten einen erheblichen Anteil der gewerblichen Arbeitsplätze bereit und haben in den letzten Jahren erheblich zum Entstehen neuer Arbeitsplätze beigetragen. Auch in den neuen Bundesländern könnte das Entstehen kleiner und mittlerer Unternehmen zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und damit zum Abfedern der arbeitsmarktpolitischen Folgen des Strukturanpassungsprozesses beitragen. Der Bund hat verschiedene mittelstandspolitische Förderprogramme für die neuen Länder aufgelegt, die sich an bestehenden Maßnahmen für die alten Länder orientieren.

Das Eigenkapitalhilfeprogramm zur Förderung selbständiger Existenzen im Beitrittsgebiet stellt Privatpersonen im Bereich der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe Darlehen zur Verstärkung eigener Mittel zur Verfügung. Damit können die Gründung eines privaten Unternehmens bzw. einer freiberuflichen Existenz, der Erwerb von Unternehmen oder einzelnen Betriebsstätten, Investitionen zur Festigung eines privaten Unternehmens und Folgeinvestitionen innerhalb von drei Jahren nach der ersten Förderung mit Eigenkapitalhilfe gefördert werden. Gefördert wird auch die Privatisierung bestehender Unternehmen, sofern diese einer Neugründung ähnelt. Reine Kapitalbeteiligungen sind nicht förderbar.

Es werden Aufgaben gefördert, die eine nachhaltige tragfähige Vollexistenz, d.h. als Haupterwerbsgrundlage, erwarten lassen oder dazu beitragen und die vorher eine Prüfung des Vorhabens überstanden haben. Der Investor muß selbst mindestens 15 % an Eigenmitteln beitragen.

Das Darlehen im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms hat verschiedene Vorteile, u.a. sind keine Sicherheiten erforderlich, die Verzinsung ist durch Zinsfreiheit in den ersten drei Jahren und einen danach folgenden allmählichen Zinsanstieg günstig, die Laufzeit ist mit 20 Jahren und einer anfangs tilgungsfreien Zeit von 10 Jahren lang und schont damit die Liquidität des Unternehmens insbesondere in den wichtigen Aufbaujahren.

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Ein weiterer wichtiger Bereich der Fördermaßnahmen für kleine und mittlere Betriebe ist die Ansparförderung des Bundes, in deren Rahmen die Bundesregierung einen Ansparzuschuß für Sparleistungen zur Bildung der für eine Existenzgründung erforderlichen eigenen Mittel, d.h. des Eigenkapitals, gewährt. Er soll zur Unterstützung längerfristig geplanter Existenzgründungen beitragen.

Wie schon in den alten Ländern gehören die ERP-Kredite für Existenzgründungen und Investitionen auch in den neuen Bundesländern zu den wichtigsten Maßnahmen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe. Das ERP-Sondervermögen gewährt Privatpersonen sowie kleinen und mittleren privaten Unternehmen und Angehörigen der freien Berufe zinsgünstige Kredite für die Finanzierung von Existenzgründungen und von Investitionen in den neuen Bundesländern. Das Förderziel ist die Steigerung der Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der geförderten Unternehmen. Bedingung ist, daß die Durchführung des Vorhabens ohne diese Förderung wesentlich erschwert würde.

Die Kreditkonditionen sind mit einer Laufzeit für Anlageinvestitionen von bis zu 15 Jahren und für Bauinvestitionen von bis zu 20 Jahren, 5 tilgungsfreien Jahren, einem Kredithöchstbetrag von 1 Millionen DM bei einem maximalen Finanzierungsanteil von 50 % der Investitionskosten und einer Festlegung des Vergabezinssatzes zum Zusagezeitpunkt als Festzins über die volle Kreditlaufzeit sehr günstig ausgestaltet. Das Programm kann zusätzlich zum Eigenkapitalhilfeprogramm in Anspruch genommen werden.

Die ERP-Kreditförderprogramme sind auf 4 Schwerpunkte konzentriert:

Mit dem Tourismusprogramm wird die Errichtung, Erweiterung und Modernisierung von Hotels, Pensionen und Gaststätten gefördert.

Das Umweltschutzprogramm fördert Investitionen in den Bereichen Abwasserreinigung, Abfallwirtschaft, Luftreinigung und Energieeinsparung bzw. Nutzung erneuerbarer Energien. Dadurch sollen insbesondere solche Investitionen gefördert werden, mit denen bereits die Entstehung von Umweltbelastungen vermieden wird.

Mit dem Modernisierungsprogramm können alle Investitionen gefördert werden, die nicht unter die übrigen Förderprogramme fallen, d.h. insbesondere Investitionen zur allgemeinen Modernisierung der vorhandenen Produktionsanlagen, zur Errichtung und Erweiterung der Produktionskapazitäten und zur Produktivitätssteigerung durch technologisch leistungsfähigere Maschinen.

Mit dem Existenzgründungprogramm werden Errichtung und Erwerb von Unternehmen bzw. einer freiberuflichen Existenz, Beteiligungen und eine gewisse Erstausstattung gefördert.

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Ansprechpartner für alle Programme ist in erster Linie die Hausbank des Ansprechpartners. Auskünfte erteilen auch die mit der Abwicklung betrauten Hauptleihinstitute Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Deutsche Ausgleichsbank und Berliner Industriebank.

An ERP-Krediten wurden für 1990/91 13,5 Mrd. DM zur Verfügung gestellt, wovon bisher über 7,9 Mrd. DM vergeben wurden, also noch 5,6 Mrd. DM für 1991 bereitstehen. Es wurden bisher 87.000 Anträge gestellt. 90 % der zugesagten Mittel sind an Antragsteller aus den neuen Bundesländern gegangen.

Darüber hinaus gewähren sowohl die Kreditanstalt für Wiederaufbau als auch die Deutsche Ausgleichsbank weitere Investitionskredite zu günstigen Bedingungen. Die Kredite der KfW dienen der Errichtung, Sicherung oder Erweiterung von Unternehmen oder der Verbesserung der Umweltsituation. Sie können auch ergänzend zur Eigenkapitalhilfe und zu ERP-Krediten sowie neben anderen öffentlichen Fördermitteln gewährt werden.

Die Kredite der Deutschen Ausgleichsbank sind für Investitionen zur Errichtung und Sicherung von Unternehmen oder für Innovationen vorgesehen. Dienen sie dabei der Gründung selbständiger Existenzen oder deren Festigung im Anschluß an die Gründungsphase, so können sie auch mit weiteren Existenzgründungskrediten wie Eigenkapitalhilfen und ERP-Existenzgründungsdarlehen kombiniert werden.

Wenn Banken nicht zur Übernahme von Risiko durch Kreditvergaben an Unternehmen bereit sind, steht ein dreistufiges Kreditbesicherungsprogramm. gestaffelt nach der Größenordnung des Mittelbedarfs, zur Verfügung. Einmal stehen in den fünf neuen Bundesländern Bürgschaftsbanken bereit, die sich die Besicherung von Krediten vor allem für Existenzgründer und mittelständische Betriebe, die nicht über bankübliche Sicherheiten verfügen, zur Aufgabe gemacht haben. Hier sind Betriebe des privaten kleingewerblichen Mittelstandes, aus Handwerk, Handel, Kleinindustrie, Gaststätten und Dienstleistungsgewerbe sowie Angehörige freier Berufe antragsberechtigt, wobei der Höchstbetrag der Bürgschaft bei 1 Million DM im Einzelfall liegt.

Darüber hinaus vergibt die Berliner Industriebank AG Bürgschaften für langfristige Investitionskredite, die der Errichtung, Erweiterung, Umstellung oder Rationalisierung von Betrieben dienen und die alle mittelständischen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, die ganz oder mehrheitlich in privater Hand sind, d.h. auch Genossenschaften beantragen können. Außerdem gibt es Bundesbürgschaften zugunsten von Wirtschaftsunternehmen, die nicht oder nicht mehrheitlich dem Bereich der Treuhandanstalt zuzuordnen sind, und die Großkredite vor allem zu Investitionszwecken benötigen, aber vorhandene Sicherheiten ausgeschöpft haben, falls Ausfallrisiken vertretbar und die Förderung der Vorhaben volkswirtschaftlich sinnvoll sind. Diese unmittelbaren Bundesbürgschaften stehen nur für Projekte mit einem Kreditbedarf ab ca. 20 Millionen DM bereit und sind über die Treuarbeit in Düsseldorf zu beantragen.

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2.3 Steuerliche Hilfen

Die steuerlichen Hilfen sind neben den Regionalfördermaßnahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" die wichtigste wirtschaftliche Förderung in den neuen Bundesländern.

Die wichtigste steuerliche Hilfe ist die Investitionszulage für die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren und beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in den neuen Bundesländern. Durch die Investitionszulage soll eine rasche und breite Investitionsdynamik zur Förderung der notwendigen Strukturmaßnahmen in der Wirtschaft, die Modernisierung in den Betrieben und der Start von kleinen und mittleren Unternehmen gefördert und damit der Arbeitsmarkt stabilisiert werden.

Nach dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zwischen Bundesrat und Bundestag sehen die Konditionen vor, daß die Investitionszulage bei Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern bis zum 31. Juli 1992 12 % der Kosten, danach bis zum 31.12.1995 8 % der Kosten beträgt. Ausschlaggebend für die Förderung nach dem 31. Juli 1992 ist, daß das Bestelldatum der Investitionsgüter vor dem 1. August 1992 lag. Die Maßnahmen müssen bis 1. Januar 1995 abgeschlossen sein.

Die Investitionszulage ist die am einfachsten handhabbare Investitionsförderung, da der Antrag von den Antragstellern bei dem zuständigen Finanzamt auf einem amtlichen Vordruck gestellt werden kann. In Unterschied zu den durch die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gewährten Investitionszuschüssen besteht ein Rechtsanspruch auf die Investitionszulage. Sie muß allerdings bis zum 30. September des auf das Wirtschaftsjahr der Investition folgenden Kalenderjahres beantragt werden und wird damit erst nach Ablauf des Jahres festgesetzt, in dem die begünstigten Investitionen vorgenommen wurden.

Zu den steuerlichen Hilfen gehören auch die Sonderabschreibungen für die Anschaffung und Herstellung von abnutzbaren beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie Ausbauten und Erweiterungen an Gebäuden des Anlagevermögens, die zu nicht mehr als 10 % privat genutzt werden. Wichtig bei den Sonderabschreibungen ist, daß sie für bewegliche Wirtschaftsgüter zusätzlich zur Investitionszulage und zu der normalen linearen Abschreibung gewährt werden, d.h., das bisherige Kumulationsverbot der verschiedenen Förderwege ist in den neuen Bundesländern aufgehoben; die Investitionsförderung wird dadurch deutlich attraktiver. Die Konditionen für Sonderabschreibungen sehen vor, daß diese 50 % der Kosten der Wirtschaftsgüter bzw. Gebäude betragen und im Jahr der Anschaffung bzw. der Herstellung und in den darauffolgenden vier Jahren in Anspruch genommen werden können. Ansprechpartner sind hier die örtlich zuständigen Finanzämter. Sonderabschreibungen sind mit der Investitionszulage und der Regionalförderung zu kumulieren.

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Eine andere Begünstigung für Investitionen im Gebiet der ehemaligen DDR besteht – dies ist ebenfalls ein Ergebnis der Verhandlungen im Vermittlungsausschuß – in der befristeten Aussetzung der Gewerbekapital- und Vermögensteuer.

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2.4 Regionalpolitische Fördermaßnahmen

Ein bedeutender Maßnahmenkomplex der wirtschaftspolitischen Förderung des Bundes für den Aufbau in den neuen Bundesländern umfaßt die regionalpolitischen Hilfen und hier die Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", die ausführlicher ebenfalls an anderer Stelle dieses Heftes erläutert ist. Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Fördermaßnahmen sind hieran die neuen Bundesländer mit 50 % der Mittel beteiligt.

Durch den Einigungsvertrag wurde das Gesetz über diese Gemeinschaftsaufgabe auf die neuen Länder und Ost-Berlin übergeleitet; damit wurden die Voraussetzungen für die Investitionsförderung im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der wirtschaftsnahen Infrastruktur geschaffen und für eine Zeit von fünf Jahren das gesamte Gebiet der neuen Länder zum Fördergebiet der Gemeinschaftsaufgabe gemacht. Bund und neue Länder stellen für einen Zeitraum von fünf Jahren damit jeweils Haushaltsmittel in Höhe von 1,5 Milliarden DM jährlich, also insgesamt 3 Milliarden DM jährlich zur Verfügung, die noch einmal durch EG-Mittel von bis zu 1 Milliarde DM jährlich in den Jahren 1991 bis 1993 aufgestockt werden. Im Rahmen des im Frühjahr 1991 beschlossenen "Gemeinschaftswerkes Aufschwung Ost" erfolgt für 1991 und 1992 eine Aufstockung um 1,2 Mrd. DM für besondere Problemregionen, deren genaue Auswahl den Ländern überlassen ist.

Durch die Investitionszuschüsse aus den Haushaltsmitteln der Gemeinschaftsaufgabe werden Investitionsvorgaben der gewerblichen Wirtschaft und der Ausbau der wirtschaftsnahen regionalen Infrastruktur gefördert. Dabei gelten die im sogenannten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe festgelegten Regelungen zu Grundsätzen, Maßnahmen und Förderarten.

Für Investitionsvorhaben der gewerblichen Wirtschaft sehen die Konditionen vor, daß auf dem Gebiet der neuen Länder die Kosten förderfähiger Investitionen durch nicht rückzahlbare Investitionszuschüsse um bis zu 23 % je nach Art des Vorhabens gefördert werden können. Dabei sind nur solche Investitionsvorhaben förderfähig, durch die überregional abgesetzte Güter oder Leistungen erstellt werden. Einige Wirtschaftsbereiche, die genauer definiert sind, sind von der Förderung ausgeschlossen.

Die Konditionen zur Förderung wirtschaftsnaher regionaler Infrastruktur sehen vor, daß Maßnahmen für die Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft durch Investitionszuschüsse von bis zu 90 % der Kosten gefördert werden können. Dazu gehören Erschließung und Wiedernutzbarmachung von Industrie- und Gewerbegelände, die Errichtung oder der Ausbau von Ausbildungs-,

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Fortbildungs- und Umschulungsstätten für die regionale Wirtschaft, die Errichtung oder der Ausbau von Verkehrsverbindungen zur Erschließung von Industrie- und Gewerbegebieten und die Errichtung bzw. der Erwerb oder Ausbau von Gewerbezentren, Maßnahmen zur Errichtung von Energieversorgungsanlagen, Ver- und Entsorgungsanlagen, Fremdenverkehrsmaßnahmen und der Errichtung oder Ausbau von Forschungs-, Technologie-, Innovations- und Gründerzentren bzw. -parks. Adressaten der Förderung sind öffentlich rechtliche Gebietskörperschaften sowie nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtete regionale Institutionen, zum Beispiel Kommunen, Kammern etc.

Zu den regionalpolitischen Hilfen des Bundes gehört ebenfalls die Förderung des Einsatzes von Projektteams zur Beratung ausgewählter Regionen oder Städte in den neuen Bundesländern beim Aufbau wirtschaftsnaher Infrastruktur. Mit diesem Zuschuß können die Regionen bei der Finanzierung einer Beratungstätigkeit unterstützt werden, durch die ein Konzept zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region erstellt und umgesetzt wird.

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2.5 Steigerung der Produktivität durch Förderung von Qualifizierung, Innovation, Beratung und Information

Gerade auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ist die Förderung von Information, Schulung und Beratung im Unternehmensbereich ein Eckpfeiler der wirtschaftspolitischen Strategie für den Aufbau in den neuen Bundesländern. Ein schwerwiegender Hemmschuh für viele Unternehmen und Unternehmer beim Start in die Marktwirtschaft waren mangelnde Kenntnisse betriebswirtschaftlicher oder juristischer Art, die nach Jahrzehnten der Planwirtschaft auch in den früher relativ erfolgreichen ostdeutschen Unternehmen nicht vorhanden sein konnten. Um diesen Nachteil im Wettbewerb mit den westlichen Unternehmen rasch aufzuholen, müssen sich die ostdeutschen Unternehmer und Manager rasch die erforderlichen neuen Managementkenntnisse aneignen.

Der Bund bietet eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten an, die auf die Verbesserung der Effizienz in zentralen Bereichen der Unternehmensführung zielen.

So wird u.a. die Unternehmensberatung für kleine und mittlere Unternehmen gefördert, um deren Existenzgründungsbereitschaft zu stärken und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen und der freien Berufe in der marktwirtschaftlichen Ordnung zu verbessern. Außerdem werden Schulungsveranstaltungen gefördert, die Entscheidungs- und Anwendungswissen auf marktwirtschaftlicher Grundlage vermitteln und dadurch den Unternehmen die Anpassung an veränderte Marktbedingungen erleichtern und so die Leistungsfähigkeit der Betriebe stärken. Dazu trägt auch die Unterstützung des sogenannten "Senior-Experten-Service-Programms" bei. In diesem Zusammenhang werden auch Dienstleistungen des Rationalisierungs-Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft (RKW) für kleine und mittlere Unternehmen ebenso wie Informations- und Schulungsveranstaltungen der Arbeitsgemein-

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schaft industrieller Forschungsvereinigungen (AIF) für Unternehmer, Führungs- und Fachkräfte unterstützt. Um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in den neuen Bundesländern kurzfristig zu verbessern, werden Umstrukturierungsberatungen über Unternehmensziele, Geschäftspolitik oder einzelne Geschäftsbereiche wie Rechnungswesen, Vertrieb oder auch Organisation, aber auch zu Fragen des Umweltschutzes, der Energieeinsparung oder der Qualitätssicherung gefördert. Da die Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren ein zentrales Element der Umstrukturierungsbemühungen der Betriebe ist, gibt es ebenfalls eine Innovationsförderung, die die Umsetzung neuer Erkenntnisse in verkaufsfähige Produkte oder anwendungsfähige Verfahren dann fördert, wenn diese einen wirtschaftlichen Nutzen erwarten lassen, aber mit hohem technologischem und finanziellem Risiko behaftet sind. Der Stützung des Forschungs- und Entwicklungspotentials in kleinen und mittleren Unternehmen in den neuen Ländern und Berlin dienen ebenfalls Zuschüsse zur Aufnahme von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, aber auch wirtschaftsnahe Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Forschung und Technologie. Auch im Bereich des Handwerks wird die berufliche Qualifizierung unterstützt.

Die meisten Fördermaßnahmen bestehen in der Gewährung von Zuschüssen zu den in Rechnung gestellten Kosten. Bei der Förderung der Unternehmensberatung für kleine und mittlere Unternehmen beispielsweise beträgt der Zuschuß 80 % der in Rechnung gestellten Beratungskosten, höchstens jedoch 3.000 DM. Auskünfte erteilen in den meisten Fällen die Kammern und Verbände, aber auch das Bundesministerium für Wirtschaft.

Von großer Bedeutung sind darüber hinaus natürlich die Qualifizierungsmaßnahmen durch die Arbeitsverwaltung im Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes.

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2.6 Modernisierung und Ausbau der Infrastruktur

Die Infrastruktur ist die öffentliche Grundlage der wirtschaftlichen Aktivitäten. Eine den Bedingungen der wettbewerblich organisierten Marktwirtschaft entsprechende umfassend ausgebaute und technisch hochstehende Infrastruktur in den neuen Bundesländern ist die Voraussetzung dafür, daß die private Wirtschaft den Strukturwandel bewältigen und genügend Arbeitsplätze schaffen kann.

In den neuen Bundesländern müssen insbesondere die Kommunen dafür sorgen, daß vor allem die wirtschaftsnahe Infrastruktur auf ihrem Gebiet in kurzer Zeit einen hinreichenden Ausbaustand erreicht. Diesem Zweck dienen zum einen die Investitionszuschüsse der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Ferner gibt es Förderprogramme zur Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur im Grenzgebiet der früheren DDR. Darüber hinaus wird den Gemeinden in den neuen Bundesländern durch ein Kreditprogramm zur Förderung kommunaler Investitionen die Möglichkeit gegeben, kurzfristig kommunale Sachinvestitionen

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insbesondere im Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur zu tätigen. Dieses Programm dient vor allem dazu, den Gemeinden die Finanzierung ihres Anteils an den Infrastrukturinvestitionen zu erleichtern, wenn sie die Zuschüsse der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" in Anspruch nehmen wollen. Die Ausgestaltung der Kredite ist günstig. Dieses Programm soll auch dazu beitragen, die Auftragssituation der mittelständischen Betriebe, die wesentlich von den Aufträgen der Gemeinden in den neuen Bundesländern profitieren werden, vorteilhaft zu gestalten. Dadurch werden Sachinvestitionen zur Erschließung von Gewerbeflächen, zu kommunalen Umweltschutzmaßnahmen auch im Ver- und Entsorgungsbereich, zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, zur Stadt- und Dorferneuerung, zur Energieeinsparung und zu Maßnahmen im sozialen Bereich bei Krankenhäusern oder auch Pflegeeinrichtungen gefördert. Für dieses Programm wird ein Kreditvolumen von insgesamt 15 Milliarden DM in den Jahren 1990 bis 1993 bereitgestellt, davon wurde inzwischen reichlich Gebrauch gemacht. Das Antragsvolumen belauft sich mittlerweile auf 10 Milliarden DM, von denen 5,5 Milliarden DM bereits bewilligt sind.

Zur schnellen Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen dient auch ein weiteres kommunales Investitionsprogramm des Bundes (Sofortprogramm), das den neuen Bundesländern Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 5 Milliarden DM als Investitionspauschalen für ihre kreisfreien Städte, Landkreise und Kommunen zur Verfügung stellt. Damit sollen diese mit geringstmöglichem Verwaltungsaufwand einsetzbare Investitionsmittel erhalten, die sehr schnell vergeben werden können, und damit sowohl die regionale Wirtschaft abstützen als auch Arbeitsplätze schaffen als auch in kurzer Zeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung beitragen können. Gedacht ist vor allem an sofort wirksame Auftragsvergaben im Bereich der Gebäudeinstandsetzung.

Das Wohnungsmodernisierungs- und Instandsetzungsprogramm, das über die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt abgewickelt wird, soll der Modernisierung und Instandsetzung von vermieteten und selbstgenutzten Wohnungen dienen. Dazu gehören bauliche Modernisierung, Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse, Maßnahmen zur Energieeinsparung und CO2-Minderung sowie Instandsetzungsmaßnahmen. Antragsberechtigt sind neben Gemeinden auch Privatpersonen und Unternehmen. Die Förderung besteht in der Gewährung zinsgünstiger Darlehen.

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2.7 Außenwirtschaftsförderung

Schon in der zweiten Hälfte des Jahres 1990, aber deutlich sichtbar nach Beginn des Jahres 1991 mit der Umstellung auf Verrechnung in konvertible Währungen, zeigte sich, daß der Export der -ostdeutschen Betriebe in die Länder des früheren RGW zusammenbrechen würde. Aufgrund ihres früher relativ hohen und sicheren Marktanteils im Ostblock hatten viele Betriebe in den neuen Bundesländern gehofft, durch die Fortführung der Exporte den Anpassungsprozeß

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an marktwirtschaftliche Bedingungen etwas stabilisieren und zumindest einen Teil der alten Produktion in einer Übergangszeit aufrechterhalten zu können. Um so wichtiger ist es nun, alle Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung der Exporte bzw. zur Wiedergewinnung der Absatzmärkte im Ausland zu nutzen.

Die Bundesregierung hat alle Maßnahmen und Einrichtungen der deutschen Außenwirtschaftsförderung zur Förderung der Exportkraft der Unternehmen in den neuen Bundesländern zur Verfügung gestellt. Dabei richtet sich die Förderung des deutschen Außenhandels auf alle Auslandsmärkte, allerdings nur auf der Basis international anerkannter Währungen. Zu der Außenwirtschaftsförderung gehört die Beratung über Marktchancen und -bedingungen im Ausland, aber auch die Förderung der Teilnahme an Auslandsmessen und die Abdeckung von politischen und wirtschaftlichen Risiken bei Exportgeschäften durch Bürgschaften.

Das wichtigste Instrument in diesem Zusammenhang ist die Exportkreditversicherung, die sogenannten Hermes-Deckungen für Exporte, durch die eine breite Palette von wirtschaftlichen und politischen Risiken im Zusammenhang mit Ausfuhrgeschäften abgesichert werden. Dadurch werden Kredite, die zur Finanzierung des Ausfuhrgeschäfts vom Exporteur oder einer vom ihm eingeschalteten Bank an den ausländischen Besteller oder dessen Bank gewährt werden, abgedeckt. Die Hermes-Deckung trägt Risiken wie etwa die Zahlungsunfähigkeit des ausländischen Schuldners, aber auch politische Risiken wie ausbleibende Zahlungen wegen Devisenmangels oder auch politisch verordnete Zahlungsverbote sowie Krieg, Aufruhr und Revolution. Für Lieferungen und Leistungen in die Sowjetunion, die bis zum 31. Dezember 1991 abschließend vertraglich vereinbart werden, können Sonderkonditionen in Anspruch genommen werden, die über die normalen Konditionen der Hermes-Exportkreditversicherung hinausgehen.

Neben der Förderung der Beteiligung an internationalen Messen und Fachausstellungen durch das Auslandsmesseprogramm der Bundesregierung, der Unterstützung der Auslandshandelskammern und der Bundesstelle für Außenhandelsinformationen gibt es für die Unternehmen in den neuen Bundesländern das sogenannte Euro-Fitness-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums zur Information über die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten in Zusammenhang mit der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes 1992.

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2.8 Chancen und Probleme der Wirtschaftsförderung des Bundes

Die Bundesregierung sieht erste Anzeichen, daß die eingesetzten Wirtschaftsfördermaßnahmen zu wirken beginnen. Nach einem Gutachten sollen seit Beginn des letzten Jahres 1 Millionen Menschen neue Arbeitsplätze gefunden haben. Nunmehr werde der Abbau unproduktiver Arbeitsplätze durch den Aufbau neuer wettbewerbsfähiger ersetzt. Trotz einer Reihe von Verbesserungen gibt es jedoch noch Probleme bei der Eigentumsfrage, bei den

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ökologischen Altlasten und bei der Verwaltung. Jedoch wird davon ausgegangen, daß die Fortsetzung der Privatisierung und die Sanierungsanstrengungen Wachstumsimpulse bringen werden.

In der Diskussion wurde von Seiten der Unternehmer beklagt, daß die Fördermittel für den Bereich Unternehmensberatung schon seit Ende März erschöpft seien. Da der Bedarf enorm ist, wurde eine Aufstockung der Mittel gefordert, deren Zielsetzung sich nicht nur auf das Management, sondern auf die Effizienzsteigerung des gesamten Unternehmens beziehe. Die weitgehende Ausschöpfung vieler Mittel wurde als Zeichen der Akzeptanz der Programme und der dahinterstehenden Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung gewertet, die die Chancen für die Aufstockung der Mittel erhöhe.

Ein weiterer mehrfach diskutierter Punkt war, ob auch Treuhandfirmen die Mittel der Regionalförderung erhalten können. Nach einer in den neuen Bundesländern von einer Bezirksverwaltungsbehörde erteilten Auskunft können erst nach einer Privatisierung von zumindest 51 % der Unternehmensanteile Anträge auf Zuschüsse gestellt werden, obwohl die Absicht des Bundes besteht, die Treuhandunternehmen an allen Programmen partizipieren zu lassen. Allerdings sind die ostdeutschen Bundesländer dazu nur in Ausnahmefällen bereit, da ihrer Meinung nach dadurch der Haushalt der Treuhand und so letztlich der Bund entlastet wird. Eine Ausnahme wird nur bei Investitionen gemacht, die Voraussetzung für Privatisierungen sind. Offenkundig wurde, daß hier ein gewisser Definitions- bzw. Ermessensspielraum besteht, bei dessen Ausfüllung die Regionalförderung der Länder das letzte Wort hat. Es wäre auch Verschwendung öffentlicher Mittel, wenn für stillzulegende Betriebe Geld ausgegeben würde.

Die Kreditprogramme – so wurde gesagt – stehen auch für Käufer von Treuhandunternehmen zur Verfügung, allerdings setzen die Obergrenzen der einzelnen Programme hier Grenzen.

Im Zusammenhang mit der Investitionsförderung wurde darauf hingewiesen, daß die Produkte der ostdeutschen Regionen vielfach nicht wettbewerbsfähig sind. Im Rahmen der Hermes-Bürgschaften ist aber keine produktorientierte Bürgschaft vorgesehen.

Ganz deutlich wurde auch darauf hingewiesen, daß es nicht Aufgabe des Staates sei, für die Unternehmen Überlegungen über Produkte und/oder Unternehmensentwicklungskonzepte anzustellen, sondern daß er durch seine Beratungsförderung lediglich Hilfe zur Selbsthilfe leisten kann. Konzepte zu entwerfen ist genuine Aufgabe der Unternehmen selbst.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 2001

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