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Brune, Johannes ("Hans") (1889 - 1977)

Geboren am 11. Juni 1889 in Georgsmarienhütte, verheiratet. Besuch der Volksschule, Mittelschule und des Gymnasiums. Mußte 1910 das Studium der Medizin nach dem Tode des Vaters aus wirtschaftlichen Gründen abbrechen. Arbeitete seit 1910 als Wasserbaubediensteter im Duisburger Hafen als kaufmännischer Verwaltungsangestellter bei der dortigen Hafenbahn. Mitglied im 1908 gegründeten christlichen "Zentralverband deutscher Eisenbahnhandwerker und -arbeiter" mit Sitz in Elberfeld ("Elberfelder Verband"). Am 10. August 1911 in Duisburg Ruhrort Mitbegründer der ersten Ortsgruppe der Wasserbaubediensteten als Sektion innerhalb der Eisenbahnerorganisation (1912: ca. 100 Mitglieder), wobei die "fiskalischen" Hafeneisenbahner das Bindeglied zur Eisenbahnerorganisation bildeten.

Einziger Delegierter seiner Sparte auf dem 2. Verbandstag vom 16. bis 18. Mai 1912 in Elberfeld (neuer Verbandsname: "Zentralverband deutscher Eisenbahner"). In Elberfeld erfolgte der Beschluß, eine eigene Verbandssektion der Wasserbaubediensteten einzurichten ("Sektion der Beamten und Arbeiter der fiskalischen Hafen- und Strombauverwaltung in der Gewerkschaft deutscher Eisenbahner"). Wahl des knapp Dreiundzwanzigjährigen zum neuen Sektionsleiter. Betreute Ortsgruppen in Meppen, Münster, Rheine, Hamm, Minden und Hoya. Brune suchte den schmalen Koalitionsspielraum der staatlichen Wasserbaubediensteten zu nutzen: Verlängerung des Erholungsurlaubs, Ausbau der Krankenkassenverhältnisse, verbesserte Leistungen der Pensionskassen waren die gewerkschaftspolitischen Arbeitsschwerpunkte des Norddeutschen. Fungierte seit 1914 als Bezirksleiter ("Bezirk Duisburg") seiner Gewerkschaft (bei Kriegsbeginn 1.450 Mitglieder). Am 16. Mai 1915 ohne Abstimmung als Bezirksleiter "belassen". Einstimmige Wiederwahl am 5. Dezember 1915 auf einer Bezirkskonferenz. Brune konnte in seinem Bezirk während des Krieges insgesamt 100 Ortsgruppen aktiv halten. Reichte 1917 beim Ministerium für öffentlichen Arbeiten eine umfängliche Denkschrift über die Lage der Wasserbaubediensteten während des Weltkrieges ein. Verbreitung der Denkschrift in 10.000 Exemplaren. Am 20. Oktober 1917 erschien das Verbandsorgan mit neuem Namen: "Zentralorgan deutscher Eisenbahner und Wasserbauarbeiter. Zeitschrift für Hilfsbeamte, Werkstätten-Handwerker und -Arbeiter, Betriebs- und Oberbauarbeiter, Hafeneisenbahner und Strombauarbeiter". Mit dem neuen Namen trug das Blatt der Organisationsrealität Rechnung, für die Brune viel getan hatte.

Nach der Novemberrevolution am 28. November 1918 zum besoldeten Sektionsleiter innerhalb des Zentralverbandes ernannt. Umzug von Duisburg in die Reichshauptstadt. Hörte als Gasthörer Vorlesungen über Volks- und Finanzwirtschaft. Parallel zu Brunes Festanstellung schlossen sich 4.100 Ortsgruppen mit 165.000 Mitgliedern verschiedener teilautonomer Fachsektionen zur "Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner und Staatsbediensteter" zusammen. Auf dem 3. Verbandstag vom 29. Juni bis 1. Juli 1919 in Elberfeld zum 2. Vorsitzenden des "Zentralverbandes der Eisenbahner und Wasserbaubediensteter der Gewerkschaft deutscher Eisenbahner und Staatsbediensteter" ("Stammverband") gewählt. Auf dem Verbandstag zum Vorsitzenden einer Kommission für die Ausarbeitung eines Tarifvertrages für Wasserbaubedienstete bestimmt. Seit 1919 verantwortlicher Verleger und Redakteur des neubegründeten Fachblattes "Strom und Schleuse". Am 29. Februar 1920 wandelten die verantwortlichen christlichen Gewerkschaftsfunktionäre die bis dahin bestehende Sektion der Wasserbaubediensteten in einen eigenen Fachverband um. Über den "Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Deutschlands" war Brune dem im Oktober 1919 begründeten christlich-nationalen Dachverband "Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)" angeschlossen. (1921 Ausgliederung der Beamtengewerkschaften aus den christlichen Arbeitergewerkschaften und Gründung des "Gesamtverbandes der deutschen Beamten- und Staatsangestelltengewerkschaften" als "3. Säule" des DGB.) Delegierter auf dem 1. Kongreß des Gesamtverbandes am 28. Mai 1922 in Essen.

In der kompliziert austarierten Gewerkschaftsstruktur nahm Brune seit der Reichskonferenz des "Norddeutschen Landesverbandes der Gewerkschaft deutscher Eisenbahner und Staatsbediensteten" vom 5. bis 6. Oktober 1921 die Funktion eines hauptamtlichen Beisitzers im Vorstand wahr. Gleichzeitig Wahl zum Leiter der "Wasserbauer". Damit war Brune mit seinen Bemühungen erfolgreich, innerhalb des "Elberfelder Verbandes" eine eigene programmatische Plattform zu schaffen, um Beamte, Arbeiter und Angestellte gleichermaßen in seinen Fachverband aufnehmen zu können. (1922 13.500 Mitglieder, davon 11.000 Arbeiter und 2.500 Angestellte und Beamte.) Deutscher Delegierter auf dem Gründungskongreß des "Internationalen Bundes der christlichen Eisenbahngewerkschaften" vom 6. bis 7. April 1921 in Luzern. Wahl zum 2. Vorsitzenden. Wiederwahl auf der Konferenz vom 6. bis 7. Februar 1923, die nach Brunes Einreiseverbot von Brüssel nach Utrecht verlegt werden mußte. Wandte sich im internationalen christlichen Berufssekretariat bis 1924 gegen die These von der alleinigen Schuld Deutschlands am Kriege. Nach Umwandlung der Reichsbahn in eine Aktiengesellschaft trennten sich die christlich organisierten Wasserbaubediensteten von den Eisenbahnern. Wahl Brunes zum Vorsitzenden auf dem konstituierenden Verbandstag im Juni 1924, der die "Deutsche Wasserstraßen-Gewerkschaft" (DWG) als "Vereinigung aller in den deutschen Wasser-, Fluß-, Kanal-, See-, Hafenbauverwaltungen und -betrieben und in den Landeskulturämtern beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter sowie des Personals in den See- und Binnenschiffahrtsbetrieben" aus der Taufe hob. Verfasser der Monographien "Zehn Jahre Gewerkschaftsarbeit für die Wasserbaubediensteten in der GdE", Berlin 1921 und "Aus dem internationalen Gewerkschaftsleben". Berlin 1924. Die "Deutsche Wasserstraßen-Gewerkschaft" konnte in den späten zwanziger Jahren ca. 3.000 Mitglieder mustern. Bei Betriebsratswahlen errang sie im Durchschnitt ein Viertel der Betriebsratssitze.

Brune steuerte einen betont nationalen und antimarxistischen Kurs und verstrickte sich in zahllose Beleidigungsprozesse mit der freigewerkschaftlichen Konkurrenz. Seinen guten Ruf als Interessenvertreter verdiente er sich als solider Tarifexperte. Seine Kommentare des "Lohntarifvertrages für die Arbeiter der Reichsstraßenwasserverwaltung" schätzten auch die Vertreter der freien Gewerkschaften. Seit 1920 Mitglied des Reichswasserstraßenbeirats; gleichzeitig Mitglied des Rhein-Wasserstraßenbeirats, der allerdings nur ein Schattendasein führte. Ein Gutteil seiner Energien investierte Brune in die "Verreichlichung" der Reichswasserstraßenverwaltung. Für die Erfüllung des entsprechenden Verfassungsauftrages der Reichsverfassung (Art. 97) stritt er im Namen seiner Gewerkschaft vor dem Staatsgerichtshof. Die drohenden Einschnitte in das dreisäulige Verbandsgefüge des "Deutschen Gewerkschaftsbundes" bekämpfte Brune massiv. Die Auflösung des "Gesamtverbandes deutscher Beamtengewerkschaften" am 8. Oktober 1926 und der Übergang der ihm angeschlossenen Beamtenverbände an den Deutschen Beamtenbund (DBB) begleitete er mit kritischen Kommentaren. Der "neutrale" DBB galt ihm als zu "links" und als verkappte sozialdemokratische Organisation. Brune war führend an der Rekonstruktion der "3. Säule" innerhalb der christlichen Gewerkschaftsbewegung beteiligt. Unter dem Namen "Gesamtverband deutscher Verkehrs- und Staatsbediensteter" vereinigten sich die "gemischten" christlich-nationalen Gewerkschaften, deren Mitglieder dem Verkehrsgewerbe, den staatlichen, kommunalen und privaten Eisenbahnen, der Post, der Wasserstraßen, der Schiffahrt, dem Kraftverkehr und dem Luftverkehr angehörten.

Wahl Brunes zum stellvertretenden Vorsitzenden des Gesamtverbandes auf der konstituierenden Sitzung im Preußischen Landtag am 14. Dezember 1926. Wiederwahl als Vorsitzender der "Deutschen Wasserstraßen-Gewerkschaft" auf allen Gewerkschaftstagen bis 1933. Tarifpolitisch galt Brunes Arbeit der Ausgestaltung eines familienbezogenen Soziallohns, gleichzeitig suchte er sein Klientel durch Propagierung staatlicher Vergünstigungen für Wohnungsbauwillige an den christlichen Gewerkschaftsgedanken zu binden. Im Kampf gegen die Einführung der 40Stunden-Woche (bei gleichzeitigem Lohnabbau) holte er sich mehrfach ein Votum der gewerkschaftlichen Gremien. Mit der Ausdehnung des Organisationsbereiches auf die Gruppe der Kanal- und Binnenschiffer (seit 1928) schürte Brune einen Dauerkonflikt mit dem "Zentralverband christlicher Fabrik- und Transportarbeiter Deutschlands", der bis 1933 zahlreiche Gremien beschäftigte. Am 9. Februar 1929 übernahm Brune zusätzlich den Vorsitz der neugegründeten christlichen "Gewerkschaft deutscher Seeleute" (mit Sitz in Berlin), die in enger Verbindung mit der "Deutschen Wasserstraßen-Gewerkschaft" dem freigewerkschaftlichen "Deutschen Verkehrsbund" Paroli bieten sollte. Brune verschärfte in der Agoniephase der Weimarer Republik die nationalen Töne, wobei er allerdings das sozialreaktionäre Regime v. Papens mit herber Kritik nicht verschonte. Rief im Herbst 1932 eine "Nationale Erwerbslosenhilfe" ins Leben, für die er seit 1930 in der Broschüre "Die Überwindung der Arbeitslosigkeit" geworben hatte. Im Frühjahr 1932 übernahm das Reich die Aufsicht über alle Wasserstraßen, ein Erfolg, den Brune, auf das Konto seiner Gewerkschaft buchte. Gleichzeitig suchte er, durch den Ausbau der Beamtensparte innerhalb seiner Organisation kleinere berufsständische Beamtenorganisationen an seine Gewerkschaft zu binden. Am 25. September 1932 schlossen sich der "Verband der Fahrzeug- und Betriebsbeamten", die "Vereinigung der Leuchtfeuerbeamten", der "Verband der Wasserbausekretäre", die "Reichsvereinigung der Strommeister" und die "Reichsvereinigung der Schleusenbeamten" als "Reichsbund der Wasserbaubeamten" innerhalb der "Deutschen Wasserstraßen-Gewerkschaft" zusammen. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung suchte Brune, durch einen nationalen Kurs den Bestand seiner Gewerkschaft zu retten.

Protestierte am 29. Mai 1933 beim holländischen Generalsekretär des Internationalen Bundes der Christlichen Gewerkschaften (Petrus Josephus Servatius Serrarens) gegen die "Verleumdungen" Deutschlands. Reorganisierte im Mai 1933 seine Gewerkschaft nach dem Führerprinzip. ("Die alleinige Anordnungsgewalt in der DWG geht hiermit auf mich über.") Schloß im gleichen Monat alle Mitglieder der SPD, der "Eisernen Front" und des "Reichsbanners" aus, ohne den Fortbestand seiner Gewerkschaft sichern zu können. Zum 1. Juli 1933 wurde die "Deutsche Wasserstraßen-Gewerkschaft" mit dem gleichgeschalteten "Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" zur Reichsfachgruppe Wasserbaubetriebe zwangsverschmolzen. Brune fungierte kurzfristig innerhalb der Deutschen Arbeitsfront als Reichsfachgruppenleiter der Sparte. Noch während des Jahres 1933 aus allen Ämtern entlassen, mußte mehrfach Verhöre über sich ergehen lassen. Brune schulte nach seiner Entlassung um und legte 1935 eine Prüfung als Heilpraktiker ab. Arbeitete künftig in diesem Beruf. Parallel dazu eröffnete er in Berlin ein Kräuterreformhaus ("Brunes Kräuterreformhaus"), das von seiner Tochter Luise geführt wurde. Siedelte 1942/43 nach Idar-Oberstein - dem Geburtsort seiner Frau - über. Trat nach dem Krieg der SPD bei.

Seit 1945 Stadtrat in Idar-Oberstein. Am 30. November 1948 zum ehrenamtlichen Zweiten Beigeordneten der Stadt Idar-Oberstein gewählt. Diese Funktion wurde von ihm bis zum 9. Januar 1950 wahrgenommen. Brune waren die Aufgaben des Wohlfahrts- und Fürsorgewesens sowie des Schul- und Kulturamtes übertragen. Vom 9. November 1952 bis zum 2. April 1959 Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion. Vertrat im Stadtparlament zwar die stärkste Fraktion, mußte sich jedoch stets mit einer bürgerlichen Mehrheit (mit wechselnden Koalitionen) auseinandersetzen. Vorsitzender des Ortsvereins Idar und Mitglied des SPD-Kreisvorstandes Birkenfels. Von 1945 bis 1952 ehrenamtlicher Beigeordneter im Kreistag, fungierte dort als stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Von 1951 bis 1959 SPD-Landtagsabgeordneter in Rheinland-Pfalz und Mitglied des Landesgesundheitsrates. Während beider Wahlperioden Mitglied des Ausschusses für Sozialpolitik und Fragen der Vertriebenen, in seiner 2. Wahlperiode stellvertretendes Mitglied des Hauptausschusses (heute: Innenausschuß) sowie des Petitionsausschusses. Im Landtag fungierte Brune als anerkannter Sprecher der Landtagsfraktion in gesundheitspolitischen Fragen. Häufiger Debattenredner. 1958 Umzug nach Regulshausen. 1960 in den Gemeinderat seines Heimatdorfes gewählt. Von 1960 bis 1965 Bürgermeister in der damals selbständigen Gemeinde Regulshausen, wo er im Straßen- und Wegebau Neues schuf und die Kanalisierung vorantrieb. Arbeitete bis ins hohe Alter hinein als Heilpraktiker. Mehrfach hoch geehrt: Für seine kommunalpolitische Tätigkeit im Stadtrat und als Beigeordneter wurden dem ehemaligen christlichen Gewerkschaftsvorsitzenden der Wappenteller und als besondere Auszeichnung der Wappenring der Stadt Idar-Oberstein verliehen. Vom Landkreis Birkenfeld durch die Verleihung des Wappentellers und des Wappenbuches geehrt. Bekam 1970 auf Veranlassung des damaligen Ministerpräsidenten Helmut Kohl das Verdienstkreuz der Bundesrepublik verliehen. Hans Brune starb am 9. März 1977 in Idar-Oberstein.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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