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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag:
7. Dez. 1979

Unter dem Titel „Die Linken im Abseits„ schreibt Gunter Hofmann in der „Zeit„: „Einerseits plagt viele Linke seit langem der Eindruck, hoffnungslos an den Rand der Partei und des Regierungsalltags gedrängt zu werden. Andererseits sind Linke in Amt und Würden gekommen ( G. Huonker , Herta Däubler-Gmelin , H. Scherf und W. Roth )... Zwei langfristige Entwicklungen haben die SPD-Linke entscheidend geprägt, geschwächt und aus dem Tritt gebracht. Erstens: Sie hat zwar vor zehn Jahren Zulauf erhalten, sie hat sogar die Partei verändert, als Teile der Apo integriert wurden. Aber die Geschichte der späteren Jahre ist nicht eine der linken, die sich auf dem Weg zu ,einer anderen Republik’ befindet, sondern eine Geschichte der Ausgrenzungen. Die Linken sind an den Rand geraten – Kopflastigkeit – das ist das Stichwort, auf das auch Linke reumütig eingehen. Sie sagen: Das war ein großer Fehler. Sie suchen nun den goldenen Mittelweg, näher zur Praxis, wenn möglich aber nicht nur zur Praxis. Wäre da nicht der Verdacht, Helmut Schmidt wolle sie ganz dorthin abdrängen, sie könnten sich vermutlich mit ihm versöhnen, wenn er ihnen empfiehlt, sich um Fragen der Lebensqualität ;vor Ort’ zu kümmern, selbst um die Zugvögel auf den Halligen.

Die Desorientierung der Linken wird schließlich noch dadurch verschärft, dass sie gerade auf dem Feld der Ökonomie nicht über Alternativen verfügen. Die Höhenflüge der frühen Jahre, aber auch die Enttäuschungen mögen hier am größten gewesen sein. Es ist eben kein Zufall, dass der Berliner Parteitag sich über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in schwierigen Zeiten relativ einig ist. H. Schmidt kann zur Tagesordnung übergehen.

Als ihren größten Fehler betrachten Linke heute, dass sie von Wirtschaftskrisen den letzten Anstoß in Richtung auf eine bessere Politik und eine andere Gesellschaft erwartet haben. Hypnotisiert hatten die Jungsozialisten Anfang der siebziger Jahre auf diesen ,qualitativen Sprung’, wie sie ihn nannten, zu gegebener Zeit in eine andere Gesellschaft gehofft. Die Jahre seit 1974 sind auch für sie, wenn sie bilanzieren, Beweis genug, dass die Krisen auf eine überraschende Weise ohne Folgen geblieben sind. Krisen als Normalität? Fast sieht es so aus. Heute meint jedenfalls nicht nur der Juso-Vorsitzende G. Schröder , die Linke habe die Flexibilität des Gesellschaftssystems enorm unterschätzt. Für die SPD heißt es jedenfalls, dass sie nicht recht weiß, wie sie auf das Gefühl von Unbehagen, auf die verbreitete Skepsis einer jungen Generation antworten soll. Ihr fehlen die politischen Kategorien. Auch die Linke hat sie nicht zur Verfügung.„

In der gleichen Ausgabe der „Zeit„ heißt es in einer Zusammenfassung eines Gesprächs: „Ihm ( H. Wehner ) bereiten die Führungsschwächen in der Parteispitze Sorgen, er vermisst ihren Willen zur besseren Informierung der SPD und ihre Kraft zur kollektiven geistigen Führung. Und darauf führt er Schwächen im Erscheinungsbild der Partei auf allen Ebenen zurück. Er betont: ,Es wird keinen dritten sozialdemokratischen Kanzler geben, wenn Helmut Schmidt nicht die menschenmögliche Unterstützung erhält. Er kann sich auf mich verlassen und ich mich auf ihn.’ H. Wehner wendet sich gegen eine zunehmende Ideologisierung; erst recht hält er es für unvereinbar, Regierungspartei und zugleich Protestpartei zu sein. Seine schroffe Kritik am Reformeifer zu Beginn dieses Jahrzehnts gilt wohl unverändert weiter – wider die schrankenlose Selbstbedienung und wider den Missbrauch des Staates als Supermarkt. Er sieht das Problem künftig schrumpfender Wachstumsraten; internationale wirtschaftliche Gründe wie steigende Ölpreise oder Finanz- und Währungsentwicklungen könnten dazu führen. Aber wie dann noch eine Umverteilungspolitik fortsetzen, wenn die Zuwächse ausbleiben? H. Wehner erwidert knapp, dann müsse der Gürtel enger geschnallt werden. Auch die Gewerkschaften, eine Stütze der Regierungspolitik, so meint H. Wehner , würden sich den Begrenzungen beugen, solange man nicht in den Geruch gerät, mit Täuschungsmanövern zu operieren. ,Sonst’, so setzt er hinzu, ,geht es uns so wie in Großbritannien, wo die Gewerkschaften die Labourregierung totgestreikt haben.’ „

Bundesinnenminister G. Baum teilt mit, dass die Bundesregierung für die 80er Jahre ein umfassendes Aktionsprogramm zur Wiederherstellung der natürlichen Umwelt plane. Sie habe zur Vorbereitung eine „Steuerungsgruppe Ökologieprogramm„ eingesetzt.


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