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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag:
4./5. Sept. 1977

Auf der Sitzung des SPD-Parteivorstandes erläutert Bundeskanzler H. Schmidt die Maßnahmen, die auf Grund der Wirtschaftslage von der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen beabsichtigt sind, u.a.: Der Bundeshaushalt für 1978 soll auf der Ausgabenseite eine verstärkte Investitionstätigkeit des Staates ermöglichen. Länder und Gemeinden sind ebenfalls aufgefordert, ihre Ausgaben gegenüber den ursprünglichen Planungen stärker zu erhöhen. Zur Erhöhung der effektiven Nachfrage sind Steuererleichterungen erforderlich, die vor allem den unteren und mittleren Einkommensschichten zugute kommen und damit das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit erfüllen. Wegen des Prinzips der sozialen Ausgewogenheit wird eine Einkommen- und Körperschaftssteuersenkung nicht in Betracht gezogen. Es ist außerdem notwendig, zusätzliche Investitionsanreize zu schaffen. Beitragserhöhungen in der Sozialversicherung kommen nicht in Betracht.

In seinem Bericht über die politische Lage erklärt W. Brandt : Die vorliegenden Untersuchungen bestätigen, dass die SPD bei den Bürgern Vertrauenseinbrüche habe wettmachen können. Die Popularität des Bundeskanzlers sei ungebrochen und die SPD habe auch als Partei eine gute Chance, weiteres Vertrauen hinzuzugewinnen. Voraussetzung dafür sei, dass die SPD neben der entschlossenen Unterstützung der Bundesregierung und des Bundeskanzlers ihr Engagement in wichtigen gesellschaftlichen Gruppen verstärkt. Zwar müsse der innerparteiliche Klärungsprozess weiter vorangetrieben werden, dies dürfe aber nicht zum Selbstzweck werden. Für die SPD komme es gerade in einer Zeit, in der die einfachen Antworten für anstehende wirtschaftliche und soziale Probleme rar werden, darauf an, in den Betrieben, bei Betriebsräten und den Angehörigen des technischen Managements schon vorhandene Bereitschaft zur Mitarbeit in der Partei und zur Übernahme von politischen Mandaten zu stärken.

Die SPD müsse auch bereit sein, das in der Gesellschaft wachsende Bewusstsein für Fragen des Lebensschutzes und der Umweltzerstörung aufzunehmen und politisch tragbare Antworten zu finden. Weiterhin registriert Brandt erfreut, dass die Angehörigen geistiger und künstlerischer Berufe wieder verstärkt an die SPD heranträten. Dafür sollten neue Formen der Kommunikation gefunden und genutzt werden. Die Auseinandersetzung um Stamokap-Theorien und deren Anhänger in der SPD müsse politisch-inhaltlich geführt werden. Der Parteivorstand werde auch in Zukunft keine Stelle für „ex-cathedra„-Textauslegungen sein. Im Interesse der Gesamtpartei müsse er jedoch diese Auseinandersetzung so führen, dass klar sei, wo die SPD stehe und wo nicht. Die Anhänger von Stamokap-Theorien entschieden dabei durch ihre politischen Handlungen selbst, ob sie sich noch im Rahmen der Grundwerte und Grundforderungen des Godesberger Programms bewegten oder nicht. W. Brandt betont, dass der Hamburger Parteitag zeigen werde, dass die SPD in der Lage sei, den an sie gerichteten Herausforderungen gerecht zu werden.


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