DIGITALE BIBLIOTHEK DER FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

DEKORATION DIGITALE BIBLIOTHEK DER FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG DEKORATION


TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag:
10. Mai 1979

Der Bundestag billigt mit den Stimmen der Koalition nach Auseinandersetzungen seit Beginn der 70er Jahre das Gesetz zur Neuregelung des elterlichen Sorgerechts; die Opposition stimmt fast geschlossen dagegen, da sie in dem Gesetz eine zu starke Eingriffsmöglichkeit des Staates in die Familie sieht. Die Neuregelung trägt sowohl dem pflichtgebundenen Elternrecht als auch dem Recht des Kindes auf Entfaltung seiner Persönlichkeit entsprechend dem Auftrag der Verfassung Rechnung.

Betont wird das mit zunehmendem Alter des Kindes sich entwickelnde partnerschaftliche Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Wenn die Eltern in Ausbildungs- und Berufsangelegenheiten Eignung und Neigung der Kinder offensichtlich übergehen und dadurch die Entwicklung der Kinder nachhaltig und schwer beeinträchtigen, ist das Vormundschaftsgericht zur Entscheidung berufen. Da bei einer Gefährdung des Kindeswohls das Kind unabhängig von einem Schuldvorwurf gegen die Eltern geschützt werden muss, werden künftige Maßnahmen nicht mehr an ein Verschulden der Eltern geknüpft.

Die Stellung des Kindes im gerichtlichen Verfahren wird durch Ausbau seines Anhörungsrechts verbessert. Bei der Sorgerechtsentscheidung nach der Scheidung der Eltern erhält das Kind ein Mitspracherecht. Ist nur ein Elternteil sorgeberechtigt, so haben beide Elternteile alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.

Verabschiedet wird auch das Gesetz über die Ausweitung des Mutterschaftsschutzes.

Diesem Gesetz stimmen 65 CDU-Abgeordnete zu. Ein Antrag einer Gruppe von CDU-Abgeordneten zur Einführung eines „Familiengeldes„ wird auch von 13 Abgeordneten der CDU/CSU abgelehnt. Dagegen stimmen Koalition und Opposition bei der Erweiterung des Schutzes von Pflegekindern, die das Verbleiben bei Pflegeeltern auch gegen den Wunsch der leiblichen Eltern möglich macht, wenn das Wohl des Kindes gefährdet wird, im Wesentlichen überein. Ein darauf bezogener Änderungsantrag der Opposition findet als Einziger unter den Änderungsanträgen, die sie eingebracht hat, die Zustimmung auch der Koalition.

In der Debatte, die der Schlussabstimmung vorausgeht, nennt Bundesjustizminister H.-J. Vogel den Entwurf „ausgereift„. Die Wandlungen der Familie, auf die die Bundesregierung und die Koalition ihre Arbeit stützen, das Gesetz neu zu fassen, seien keine „modischen Zeitströmungen„. Sie hätten auch nicht die Familie als solche infrage gestellt, sondern lediglich ihre patriarchalische Ordnung. Nicht der schütze die Familie, meint H.-J. Vogel , der vor ihrem geschichtlichen Wandel die Augen verschließt; die Familie könne nur schützen, „wer auf neue Fragen neue Antworten gibt, wer neuen Gefahren mit neuen Abhilfen begegnet„.

Beschlossen wird auch das Gesetz über die Errichtung von Unterhaltsvorschusskassen. Durch die Unterhaltsvorschusskassen wird gewährleistet, dass alleinstehende Mütter oder Väter von Kindern, deren anderer Elternteil sich der Unterhaltsverpflichtung entzieht, nicht in Not geraten. Die Unterhaltsleistung soll nur für Kinder unter sechs Jahren übernommen werden. Die Zahlungen werden längstens für die Dauer von drei Jahren gewährt. Die Behörde kümmert sich dann darum, dass sie das Geld vom Unterhaltspflichtigen zurückbekommt.


Vorhergehender StichtagInhaltsverzeichnisFolgender Stichtag


net edition fes-library | 2003