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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag:
24. April 1978

Auf der Sitzung des SPD-Parteivorstandes in Bonn weist W. Brandt darauf hin, dass die sozial-liberale Koalition in Bonn in den letzten Wochen ihre Geschlossenheit unter Beweis gestellt und bekräftigt habe, die gemeinsame Arbeit fortzusetzen. Dies sei übrigens auch in einer Aussprache der Vorsitzenden bestätigt worden. Die Koalition stehe vor wichtigen Aufgaben. Dies gelte vor allem für die Vertrags- und Europapolitik und für die Sicherung des sozialen Friedens. Dies gelte für die Bewahrung der freiheitlichen Demokratie und auch für die Bildungspolitik. Zur Bildungspolitik stellt Willy Brandt u. a. fest, dass seit Jahren die Bürger mit vollem Recht die Sozialdemokraten fragen, ob in der Bildungspolitik zwischen den Ländern so viele erhebliche Unterschiede bestehen müssten, die die Betroffenen belasten, indem sie Chancengleichheit und Freizügigkeit beeinträchtigen. In der Regierungserklärung 1976 seien diese Fragen mit gutem Grund aufgegriffen worden. Der damals angekündigte Bericht liege inzwischen vor und zeige, dass die Praxis der Verwaltungsabkommen und Staatsverträge die negativen Entwicklungen offenbar nicht habe verhindern können, sie habe darüber hinaus auch nicht den Landesparlamenten die Chance der Mitgestaltung belassen.

Der SPD-Parteivorstand beschäftigt sich ausführlich mit den Bürgerinitiativen und den Grünen Listen.

E. Bahr weist auf die vorliegenden Papiere von V. Hauff und J. Strasser hin. Das Papier von J. Strasser sei grundsätzlicher angelegt. Eine sicherlich nicht falsche These von J. Strasser sei, dass Bürgerinitiativen und Grüne Listen stark auf sozialdemokratischen Argumenten basierten. Eine Reihe von Mitgliedern der Partei, die in den Reihen dieser Gruppierungen arbeiteten, verfolgten damit auch die Absicht, ein Abrutschen dieser Gruppen in falsche politische Fahrwasser zu verhindern. Diese Bewegungen dürften in ihrer politischen Wirksamkeit und Bedeutung nicht unterschätzt werden. Durch sie artikuliere sich auch die Kritik bestimmter Gruppen in der Bevölkerung an den Entscheidungsabläufen in der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik. Die Partei habe die Aufgabe, Bürgerinitiativen an sich heranzuziehen. E. Bahr schlägt aus diesem Grunde eine Diskussion zwischen Vertretern der Partei, der Bürgerinitiativen und Grünen und vor allem des DGB vor. Über die dabei gewonnenen Erfahrungen sollte im Parteivorstand berichtet und beraten werden.

In der Diskussion wird davor gewarnt, den Bürgerinitiativen Aufgaben zu übertragen oder zuzubilligen, die in diesem Staat eindeutig von den parlamentarischen Organen zu erfüllen seien. B. Friedrich sagt, es müsse unterschieden werden zwischen Gruppierungen, denen es in erster Linie um ökologische Fragen gehe, und anderen, die unter dem Vorwand des Umweltschutzes ihre eindeutig politischen Absichten verfolgten. In der Partei sei offenbar nicht zur Kenntnis genommen worden, welche hohe Bedeutung die Erhaltung der Natur für junge Leute habe. Auch deshalb sei es erforderlich, dass die Partei zu ökologischen Fragen eine eigene Haltung entwickele. Ein Beschluss wird nicht gefasst.

Der Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) fordert Bundeskanzler H. Schmidt auf, bei der Bundesregierung eine Gleichstellungsstelle einzurichten, damit endlich in allen gesellschaftlichen Bereichen - Familie, Beruf, Politik - das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes in der Praxis durchgesetzt werde. Diese Stelle sollte nach Auffassung der ASF ressortübergreifende Fragen der Gleichstellung der Frauen angehen und Lösungen zuführen helfen. Diese Stelle dürfe keinen Alibi-Charakter haben, sondern müsse konkrete politische Anstöße dafür geben, dass Gesetze und Programme der Bundesregierung die Gleichstellung fördern und Diskriminierungen von Frauen abbauen. Keine Vorlage sollte ohne ihr Votum das Kabinett passieren.

Nach einem Bericht des Bundesinnenministeriums umfasst der harte Kern der des Terrorismus verdächtigen Personen je 21 Männer und Frauen; seit Oktober 1970 sind insgesamt 341 Personen festgenommen worden, von denen sich 94 in Untersuchungs- oder Strafhaft befinden. Rechtskräftig verurteilt sind insgesamt 161 Terroristen.


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