Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 15. Juni 1957

Auf einer Sitzung von Parteivorstand, Parteiausschuß, Kontrollkommission und Bundestagsfraktion der SPD wird das Wahlprogramm für die Bundestagswahl verabschiedet und am folgenden Tag auf einem Kongreß in der Dortmunder Westfalenhalle als Auftakt zur Bundestagswahl verkündet. Es steht unter dem Motto »Sicherheit für alle durch Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit, durch soziale Gerechtigkeit, durch geistige Freiheit, durch Festigung der Demokratie nach innen und außen«.
In der gleichen Sitzung wird das SPD-Frauenprogramm gutgeheißen. Die SPD setzt sich für die politische, wirtschaftliche, rechtliche und soziale Gleichberechtigung der Frau ein. Sie sieht in der Familie die selbstverständliche Grundlage der Gesellschaft.
Die SPD handele dabei aus der Erkenntnis, daß die Frau in ihrer Art und Bedeutung für die Gesellschaft dem Manne gleichwertig sei ohne ihm gleichartig zu sein. Darum habe die Frau - unbeschadet ihrer Gleichberechtigung - Anspruch auf besonderen Schutz.
Die SPD erstrebt eine wirtschaftliche Ordnung, in der keine Mutter vorschulpflichtiger und schulpflichtiger Kinder aus wirtschaftlicher Not gezwungen ist, Erwerbsarbeit zu leisten. Die Gesetzgebung, insbesondere das Ehe- und Sozialrecht, muß die Hausfrauenarbeit als Berufsarbeit werten. Im Familienrecht müssen der Frau in der Ehe dem Mann wie auch als Mutter dem Vater ihrer Kinder gegenüber dieselben Rechte zustehen. Ebenso ist die alleinstehende Frau in ihrer menschlichen und gesellschaftlichen Bedeutung gleichberechtigt anzuerkennen. Sie hat Anspruch auf Schutz und Hilfe der Allgemeinheit als Mutter, als Arbeitnehmerin und als Versorgerin abhängiger Familienangehöriger.