Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 12./17. Juli 1955

Kongreß der Sozialistischen Internationale (SI) in London. Rund 150 Delegierte aus 36 Ländern sind anwesend, sie vertreten 40 Parteien mit zusammen über 9,8 Millionen Mitgliedern. Die Tagung steht vorwiegend im Zeichen der bevorstehenden Genfer Konferenz der vier Großmächte und behandelt hauptsächlich Fragen der Abrüstung, der europäischen Sicherheit, der europäischen Zusammenarbeit und asiatisch-afrikanische Probleme. Der Kongreß beschließt: Ein durch freie Wahlen wiedervereinigtes Deutschland soll anderen Ländern gegenüber gleichberechtigt sein und nicht durch Neutralisierung oder auf andere Art diskriminiert werden.
Die Geburt des Atom-Zeitalters gibt der Menschheit einen neuen und fruchtbaren Ansporn von internationalen Konflikten mutig zur internationalen Zusammenarbeit überzugehen.
Die Sozialisten erstreben ein allumfassendes Abrüstungssystem unter wirksamer internationaler Kontrolle.
Die sozialistische Bewegung bekräftigt von neuem ihre Unterstützung für alle Entwicklungen, die Freiheit, Sicherheit, Wohlergehen und soziale Gerechtigkeit aller Völker Europas zu fördern geeignet sind, und zwar nicht nur in demokratischen Ländern.
Die jungen Nationen in Asien und Afrika sind auf der Suche nach einem neuen sozialen System. Der Kommunismus zollt der Freiheit und Unabhängigkeit dieser Völker bloßen Lippendienst; nehmen sie den Kommunismus an, so müssen sie ihre Unabhängigkeit aufgeben. Die einzige Alternative, die eine Lösung ihrer dringenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme mit der Freiheit vereint, ist der demokratische Sozialismus. Die SI ruft zur praktischen Zusammenarbeit mit und zur Hilfe für diese Länder auf.
M. Phillips (Großbritannien) wird als Präsident, E. Ollenhauer und G. Mollet (Frankreich) werden als Vizepräsidenten bestätigt.