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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
17./19. Juni 1977

Auf der dritten Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft für Abeitnehmerfragen in Saarbrücken weist W. Brandt darauf hin, daß die Sozialdemokraten sich darum bemühen, der Bundesregierung neuen Handlungsspielraum zu sichern und erschüttertes Vertrauen vieler Bürger wieder oder neu zu erwerben. Die Schwierigkeiten der SPD bestünden zur Hälfte aus dem, was wir uns selbst von den anderen aufreden lassen! Mehr Selbstvertrauen und mehr Selbstbewußtsein müssen aus uns selbst kommen. H. Wehner kritisiert die Haltung der Abgeordneten der SPD, die im Bundestag gegen die Steueränderung gestimmt haben, beklagt aber auch, daß die SPD nichts zur Information ihrer Funktionäre tut. Soweit es geht, müssen wir bemüht sein, die knappe Mehrheit, die die SPD am 3. Oktober 1976 errungen hat, im Parlament nicht zu vermindern.
Die Wiederherstellung und mittel- und langfristige Sicherung der Vollbeschäftigung ist für die sozialdemokratischen Arbeitnehmer die gesellschaftspolitische Aufgabe Nr. 1.
Alle politischen und tarifvertraglichen Entscheidungen müssen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Beschäftigung der Arbeitnehmer konzentriert werden. Jede weitere Verzögerung gefährdet unsere freiheitliche soziale Grundordnung.
Die öffentlichen Haushalte müssen einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, das gesamtwirtschaftliche Nachfragedefizit zu verringern. Wesentlich ist die grundsätzliche Bereitschaft der öffentlichen Hand zu einer eindeutig antizyklischen (gegensteuernden) Haushaltspolitik. Die Deutsche Bundesbank soll sich künftig neben der Stabilität auch der Vollbeschäftigung mindestens gleichrangig verpflichtet fühlen. Die Strukturpolitik muß stärker als bisher Arbeitsplätze in wirtschaftsschwachen Regionen schaffen.
Mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen soll ein breites Beschäftigungsangebot geschaffen werden, um möglichst alle Gruppen von Arbeitslosen zu erreichen. Es muß außerdem der Bezugsrahmen für Kurzarbeitergeld über die 2-Jahres-Frist hinaus verlängert werden, um bestehende Arbeitsplätze zu erhalten.
Berufliche Ausbildung und Weiterbildung ist für den einzelnen Arbeitnehmer die beste Vorsorge gegen Risiken des Arbeitsmarktes. Die AfA fordert für alle Jugendlichen ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen und die Zurücknahme der Einschränkungen im Arbeitsförderungsgesetz; das Weiterbildungsangebot für Arbeitnehmer muß insgesamt ausgebaut, das Berufsbildungsjahr für alle eingeführt werden.
Alle am Erwerbsleben Beteiligten müssen einen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung (Arbeitsmarktabgabe) leisten. Die Arbeitgeber sollen verpflichtet werden, einen Rücklagefonds zu bilden, der im Falle von Kurzarbeit den Arbeitnehmern den vollen Lohn garantiert.
Die Einstellungs- und Beschäftigungspolitik der öffentlichen Hand muß in Zeiten von Arbeitslosigkeit eher zunehmen als abnehmen.
Arbeitszeitverkürzungen müssen dazu beitragen, einen höheren Beschäftigungsstand zu erreichen. Dazu muß durchgesetzt werden: Die Einführung eines 10. Pflichtschuljahres; der gesetzliche Bildungsurlaub; die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze; eine Neuregelung der Arbeitszeitordnung und die Genehmigung von Überstunden nicht nur an verschärften Arbeitsschutzkriterien, sondern künftig auch an der konkreten Arbeitsmarktlage zu orientieren.
Der Bundesvorstand wird aufgefordert, eine Arbeitsgruppe zum Problem der Schichtarbeit einzusetzen.
Zum Vorsitzenden wird erneut Bundesbildungsminister H. Rohde mit 271 von 294 abgegebenen Stimmen gewählt.



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net edition fes-library | Juni 2001