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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
15. April 1977

W. Brandt erklärt auf einem Landesparteitag in Hamburg, die sozial-liberale Koalition zeigt sich in den letzten Monaten nicht in bester Form. Unsere Partei, die sich vor der Verantwortung nicht drücken darf, muß Anzeichen von Schwäche und mangelndem Selbstvertrauen überwinden. Rückschläge, die wir hinzunehmen haben, müssen wir gemeinsam auffangen und überwinden durch ernste, harte Arbeit jedes einzelnen an seinem Platz der Verantwortung. Dazu ist erforderlich, daß die Arbeit der Bundesregierung auch über schwierige Wegstrecken hinweg mitgetragen und positiv beeinflußt wird. Am Regierungsbündnis mit den Freien Demokraten dürfen wir nicht rütteln lassen. Es gibt dazu keine vernünftige Alternative. Flucht in die Opposition wäre weder vernünftig, noch eine Alternative.
Sozialdemokratische Politik muß selbstverständlich zukunftsorientiert bleiben; sie darf nicht zu einer Ideologie des Pragmatismus gerinnen. Es wird einer starken Überzeugungskraft bedürfen, wenn wir den Bürgern mit Erfolg erläutern wollen, daß sie zunehmend mit immer wieder neuen Problemen werden leben müssen. Keine politische Führung kann den Menschen ein insgesamt konfliktfreies Leben sichern, denn es wird ein konfliktfreies Leben nicht geben. Wir leben nicht in einer kurzfristigen Ausnahmesituation - weder, wenn wir an die weltwirtschaftlichen Probleme denken, noch wenn wir uns andere Wandlungsprozesse vergegenwärtigen.
Für uns heißt dies: die Arbeit des Tages nicht zu vernachlässigen und uns gleichzeitig mit den weiterreichenden Problemen auseinanderzusetzen, sie auf den Prüfstand der öffentlichen Diskussion zu bringen - selbst dann, wenn allgemein überzeugende Lösungen, von Patentrezepten ganz zu schweigen, auf sich warten lassen. Problembewußtsein ist nicht alles, aber es ist mehr als nichts und es ist gewiß das Salz jeder ehrlichen, nach vorn gerichteten Politik.



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net edition fes-library | Juni 2001