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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
24. Okt. 1975

Der Bundestag verabschiedet gegen die Stimmen der CDU/CSU ein Gesetz zum Fernhalten von Extremisten aus dem öffentlichen Dienst, das nach Meinung der Regierungskoalition geeignet ist, Gesinnungsschnüffelei bei Bewerbern für Beamtenberufe zu unterbinden und das Entstehen eines »Duckmäusertums« in der Jugend zu vermeiden. Die Vorschriften der Beamtengesetze, die eine Berufung in das Dienstverhältnis von der Gewähr des jederzeitigen Eintritts für die freiheitlich-demokratische Grundordnung abhängig machen, werden dahingehend abgeändert, daß eine möglichst gleiche Anwendung dieser Vorschriften im Rahmen eines einheitlichen, allen rechtlichen Anforderungen genügenden Verfahrens sichergestellt wird. Die Entscheidung über die Zulassung ist von der Prüfung des Einzelfalles abhängig zu machen. Die Parteimitgliedschaft ist für die Beurteilung eines von mehreren Merkmalen, die alle einer gerichtlichen Nachprüfung standhalten müssen.
Einigkeit besteht bei allen Parteien darüber, daß Verfassungsfeinde nicht in den öffentlichen Dienst gehören. Für die CDU/CSU begründet jedoch bereits die Zugehörigkeit zu einer Partei oder Organisation mit verfassungsfeindlichen Zielen eine Ablehnung.
Der Bundestag billigt gegen die Stimmen der CDU/CSU eine Entschließung in der es u.a. heißt: Der freiheitliche, demokratische Staat geht von der Verfassungsloyalität seiner Bürger aus. Zugunsten der Bewerber für den öffentlichen Dienst spricht daher grundsätzlich die Vermutung, daß sie in ihrer Person die Gewähr der Verfassungstreue bieten. Wenn bei Behörden Tatsachen vorliegen, die diese Vermutung im Einzelfall ernsthaft in Frage zu stellen geeignet sind, ergibt sich für die Einstellungsbehörden das Recht und die Pflicht, eine konkrete Überprüfung vorzunehmen. Der Bewerber hat das Recht, sich zu den Tatsachen und Gründen zu äußern, die gegen die Gewähr seiner Verfassungstreue sprechen. Zu seiner Unterstützung kann er einen Rechtsbeistand hinzuziehen. Äußerungen und Handlungen eines jungen Menschen aus seiner Ausbildungs- und Studienzeit, insbesondere wenn sie längere Zeit zurückliegen, dürfen zur Begründung einer Einstellungsablehnung nur herangezogen werden, wenn sie nach Art und Schwere berechtigten Anlaß zu der Annahme geben, der Bewerber werde nach seiner Ernennung nicht die Gewähr bieten, daß er jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt.



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net edition fes-library | Juni 2001