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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
8. Febr. 1974

Zur Diskussion, die in der Öffentlichkeit aus Anlaß des Bundeskongresses der Jungsozialisten entstanden ist, stellt der Parteivorstand der SPD fest, daß er alle Bemühungen in der Partei begrüßt, in offener Auseinandersetzung Probleme der Theorie und Praxis des demokratischen Sozialismus zu klären. Dabei kann das einzelne Parteimitglied auch vom Programm abweichende Auffassungen vertreten und für Änderungen des Programms eintreten, soweit diese Änderungen mit den Grundwerten und Grundforderungen des demokratischen Sozialismus übereinstimmen. Dies darf aber - das gilt nach rechts wie nach links - die politische Handlungsfähigkeit der Partei nicht beeinträchtigen. Die Partei darf auch eine Trennung von Mitgliedern nicht scheuen, die die Grundlagen des demokratischen Sozialismus, wie sie im Godesberger Programm niedergelegt sind, verlassen.
Der demokratische Rechts- und Sozialstaat, wie er vom Grundgesetz als Auftrag erteilt ist, ist für die Sozialdemokratie Basis und Ausgangspunkt einer Politik des demokratischen Sozialismus. Sozialdemokratische Politik will die Gesellschaft so verändern, daß alle Bürger von den Freiheitsrechten unserer Verfassung Gebrauch machen können.
Niemand bestreitet, daß der Handlungsspielraum eines frei gewählten Parlaments und einer frei gewählten Regierung auch durch Faktoren des Wirtschaftssystems begrenzt wird. Aber mit dem Selbstverständnis des demokratischen Sozialismus unvereinbar sind alle Versuche, den demokratischen Staat der Bundesrepublik und seine sozialdemokratisch geführte Regierung als »Agenten des Monopolkapitals« oder als »Ausbeutungs- und Monopolisierungsfaktor« darzustellen. Das gilt ebenso für Auffassungen, die die demokratische Reformfähigkeit unseres Gemeinwesens grundsätzlich bestreiten und darum einer systematischen Verschärfung von Konflikten zur Zerschlagung des bestehenden Staates das Wort reden. Dabei ist unbestritten, daß eine Politik des demokratischen Sozialismus durch staatliche Maßnahmen und durch die Partei allein nicht durchzusetzen ist. Sie bedarf einer breiten, in der gesamten Gesellschaft wurzelnden Bewegung. Mit dem Erfordernis der Handlungseinheit der Partei unvereinbar ist eine Auffassung, daß die Beschlüsse einer Arbeitsgemeinschaft einen höheren Stellenwert hätten als Beschlüsse der SPD-Parteitage. Höchstes demokratisch legitimiertes Organ der SPD ist der Bundesparteitag. Seine Beschlüsse sind - ebenso wie die Beschlüsse der jeweils zuständigen Parteigremien - für alle Mitglieder in der Partei verbindlich.



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net edition fes-library | Juni 2001