Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Parteitag der SPD in Hannover. 433 Delegierte. Der Parteitag steht unter dem Motto »Ausbau der sozialen Demokratie in unserem Staat«. Tagesordnung: Das Grundgesetz verwirklichen -deutsche Politik und sozialdemokratische Grundsätze (W. Brandt); Rechenschaft (H. Wehner); Arbeitsgemeinschaften diskutieren den Orientierungsrahmen 85, die Bodenrechtsreform und die Vermögensbildung. Der Parteitag stellt weiter fest: Der Parteitag erwartet die Verwirklichung der Bildungsreform. In der beruflichen Bildung soll es mehr staatliche Berufsbildungsstätten geben und die Kontrolle verschärft werden. Die Mitbestimmung in den Großunternehmen setzt volle Gleichberechtigung von Arbeit und Kapital voraus und muß noch in dieser Legislaturperiode durchgesetzt werden. Die Humanisierung der Arbeitsbedingungen ist weiter voranzutreiben. Die Stellung der Frauen in unserer Gesellschaft ist weiter zu stärken und das neue Ehe- und Familienrecht einschließlich des Scheidungsrechts sowie das neue Recht des Kindes durchzusetzen.
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
10./14. April 1973
H. Schmidt führt in seiner Eröffnungsrede u.a. aus: Die Wahl hat uns einen moralisch-politischen Auftrag zum Handeln und zugleich die institutionellen Mittel dafür gegeben. Wenn diese Mittel nur unzureichend, wenn sie zu falschen Zwecken benutzt würden, so könnten wir unseren Weg verfehlen und uns gegebenes Vertrauen aufs Spiel setzen. Daß dies ganz und gar eine bloß hypothetische Gefahr sei, wird niemand behaupten können, der das spürt, was in unserer Partei vorgeht und was man in unserem Lande darüber denkt.
H. O. Vetter warnt in seiner Begrüßungsansprache davor, die Qualität des Lebens gegen die Qualität des Lebensnotwendigen auszuspielen. Gegenüber allem Gerede von der Konsum-Wohlstands- oder gar Überflußgesellschaft verdienten nach wie vor große Teile der Arbeiterschaft weniger als 1000 DM. Mit einer Verzichtsethik können wir nichts anfangen.
W. Brandt erklärt: Dieser Parteitag muß durch seine Entscheidungen bestätigen, daß für Sozialdemokraten nach der Wahl gilt, was sie vor der Wahl gesagt haben. Sozialdemokratische Politik ist, die Verfassungswirklichkeit aus dem Geist des Grundgesetzes zu gestalten. Sozialdemokratische Politik macht Ernst mit dem Grundgesetz. Das Grundgesetz zementiert nicht gegenwärtige wirtschaftliche und soziale Verhältnisse. Es enthält für uns nicht nur die Duldung, vielmehr die Pflicht zur Reform. Das Grundgesetz verwirklichen heißt also, den Rechtsstaat ausbauen, der Verfassung widersprechende Zustände abbauen, den Sozialstaat durchsetzen, mehr Demokratie in Staat und Gesellschaft verwirklichen. Die Gesellschaft demokratisieren heißt für uns Sozialdemokraten konkret, die Rechte der vielen stärken.
Wenn Menschen aus freier Einsicht bereit sind, aus der Verantwortung für das Ganze eigene Interessen und nicht nur die der anderen zu überwinden, dann schaffen sie Demokratie, dann sichern sie die Freiheitsrechte von Generationen, die ihnen folgen. Demokratische Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitverantwortung der Bürger brauchen den gesicherten Rechtsstaat. Der demokratische Staat hat nicht nur das Recht, sondern vielmehr die gesetzliche Pflicht, verfassungswidrige Handlungen zu verhindern und Personen, die sich solcher schuldig machen, vom Staatsdienst fernzuhalten.
Wer die Bundesrepublik aus dem Bündnis des Westens zu lösen versuchte, brächte in Wahrheit das Werk unserer Entspannungspolitik nach Osten und damit der aktiven Friedenspolitik zum Einsturz. Das Ja zu unserer Außenpolitik heißt auch, daß die Bundeswehr für die Organisation des Friedens und für die Verhandlungen um Sicherheit in ganz Europa notwendig ist.
W. Brandt lehnt entschieden ab, die »Sozialdemokraten« und »Sozialisten« auseinanderdividieren zu lassen. Demokratischer Sozialismus ist die niemals abgeschlossene Aufgabe, Ungerechtigkeiten der bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung abzubauen und zu überwinden und persönliche und politische Freiheitsrechte des einzelnen soziale Wirklichkeit werden zu lassen.
Der Glaube, die Veränderung der Eigentumsverhältnisse sei der entscheidende Hebel zur Verbesserung der Lage der Menschen, ist nicht neu. Sie ist jedoch nicht die des Godesberger Programms, das auf die Illusion verzichtet, mit einer Änderung der Eigentumsverhältnisse sei der sozialistische Durchbruch zu erzielen oder aus der Abschaffung von Privatbesitz an Produktionsmitteln ergäbe sich automatisch mehr Freiheit für die Menschen. Die Situation einer Gesellschaft scheint mir geprägt durch viele Elemente, nicht nur durch Eigentumsmittel, sondern zunehmend auch durch Verfügungsmacht und Betriebsverfassung, übrigens auch durch Verfügungsgewalt über das Forschungspotential einer modernen Gesellschaft, durch das Verhältnis ökonomischer zu politischer Macht und die Art, in der Bildung und Ausbildung organisiert sind.
Für uns Ältere ist die Beschäftigungspolitik mehr als das, was manche etwas geringschätzig »Systemerhaltung« nennen. Vollbeschäftigung ist eine grundsätzliche, wenn auch begrenzte Veränderung der Wirtschafts- und Sozialordnung. Unsere Aufgabe ist aber gerade die Veränderung und zwar durch demokratische Kontrolle der wirtschaftlichen Macht mit Hilfe der Politik.
In der langen Geschichte der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie wurde bewiesen, daß eine Politik der schrittweisen Reformen zu Erfolgen führt. Manche, die heute von Systemveränderung reden, übersehen nur zu leicht, daß die Änderung der Verhältnisse im Gange ist. Das Schlagwort von der »Systemüberwindung« ist ungenau und deshalb weder in der theoretischen Diskussion noch in der politischen Praxis für uns von Nutzen.
Niemand, der den Mechanismus versteht, wird den marktwirtschaftlichen Prozeß aufs Spiel setzen wollen. Doch mit dem Schlagwort von der sozialen Marktwirtschaft darf nicht eine plumpe Sozialisierung der Verluste - also Kapitalismus mit beschränkter Haftung - betrieben und dieser Begriff außerdem häufig als Deckblatt für die Unantastbarkeit von Privilegien mißbraucht werden.
Die SPD muß ihre Prinzipien verdeutlichen können. Mitglied der SPD kann nicht sein, wer in der Demokratie Gewalt als Mittel der Politik befürwortet und wer die repräsentative Demokratie bekämpft. Die Godesberger Pluralität hat Konsequenzen. Sie macht unser Haus nicht immer gemütlicher, wohl aber lebendiger, Richtungsgruppierungen sind dabei kein neues Problem für unsere Partei. Aber es gibt Grenzen, an denen Gefahr droht. Ich weiß wohl, die Gefahrengrenze ist dabei oft nicht leicht zu markieren. Gemeinsame unverrückbare Basis bleiben die Grundwerte und die im Programm festgelegten politischen Ziele der Partei. Auseinandersetzungen um den Weg dürfen nicht jene Energien absorbieren, die man braucht, um die mit Mehrheit getroffenen Beschlüsse im Kampf mit anderen Parteien durchzusetzen. Arbeitsgemeinschaften dürfen nicht zu Parteien in der Partei werden. Dies gilt auch für regionale Organisationen. Fraktionszwang innerhalb von Gruppierungen widerspräche unserer innerparteilichen Ordnung. Jeder einzelne Sozialdemokrat hat das verbürgte Recht, sich in Diskussionen und bei Abstimmungen frei zu entscheiden. Niemand darf ihn dabei in Loyalitätskonflikte bringen oder gar zu konspirativem Verhalten verleiten. Gegenüber der eigenen Partei kann es weder eine Einzelstrategie noch eine Doppelstrategie geben. Es kann jeweils nur eine Politik für die ganze Bundesrepublik und eine Strategie der SPD geben. Und diese wird bestimmt vom Parteitag, von dem durch ihn gewählten Vorstand und - im Rahmen ihrer Verantwortung - von der Bundestagsfraktion. Eine gewisse Unruhe in unserer Partei - die ich nicht fürchte, weil sie Vitalität beweist - erklärt sich aus unseren Erfolgen. Die Partei wächst; sie verändert sich; sie hat Wachstumsprobleme. Von einer »Klassenpartei« im strengen Sinne - die SPD war es übrigens nie - kann nicht die Rede sein. Tatsache bleibt, daß wir in erster Linie eine Partei der Arbeitnehmer sind und daran auch nichts ändern lassen wollen. Wer Arbeitnehmer ist, soll sich bei uns zu Hause fühlen; gleichviel, welchem Beruf er nachgeht. Die Toleranz - auch in der Partei - muß beim wichtigsten Mittel der Verständigung, bei der Sprache beginnen. Wir begegnen heute allzuoft in den Debatten einem überspannten Jargon, der sich nicht selten zur Geheimsprache einer geschlossenen Gesellschaft auswächst. Wer mit älteren Genossen rücksichtslos und herzlos umgeht, der beweist eigene Unreife. In dieser deutschen Sozialdemokratie soll menschliche Solidarität auch in Zukunft mehr gelten als Fremdwortgeklingel.
Die Älteren sind stolz auf das, was sie seit 1945 aus den Trümmern des Landes gebaut haben. Die Jüngeren messen verständlicherweise das, was heute ist, an dem, was sein könnte. Der Begriff »neue Mitte« beschreibt natürlich nicht den Standort der Partei, sondern den Standort der sozial-liberalen Koalition und ihre geschichtliche Funktion.
Wer die Mitte nicht besetzt, kann in der Demokratie nicht über die Mehrheit verfügen. Wer die Mitte verliert, ist nicht regierungsfähig. Die Partei muß offen für das sein, was aus den Betrieben und von den Gewerkschaften kommt, für neue sozialistische Fragestellungen und Lösungsversuche, für die Impulse des modernen Liberalismus, für die produktiven Anregungen des Sozialkatholizismus und für die evangelische Sozialethik. Die Integrationskraft der Sozialdemokratie hat sich noch bei weitem nicht erschöpft. Die Vitalität dieser unserer Partei wird man an der Freiheit messen, mit der sie die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Ansprüchen besteht, die - von drinnen und von draußen - an sie gestellt werden.
Die Sozialdemokratie ist die reale Alternative zur zügellosen Industriegesellschaft. Die Welt und vor allem Europa betrachten unsere Regierung und das sozial-liberale Bündnis als entscheidendes neues Element in der politischen Landschaft unseres Kontinents, als eine wetterfeste, zuverlässige Konstruktion, auf die Europa bauen kann und mit der Europa bauen kann.
H. Schmidt betont: Ich bekenne mich zu dem vorgelegten ersten Entwurf eines neuen Orientierungsrahmens. Ich sage dies, weil ich ihn für das im Jahr 1972 bestmögliche Ergebnis halte, obwohl manche der mir wichtigen Vorstellungen in den Entwurf nicht aufgenommen worden sind. Die Langzeit-Kommission hat schon lange vor dem Abschluß ihrer Entwurfsarbeit öffentlich gesagt, daß sie dieses Ergebnis, das damals noch nicht feststand, nur für eine erste Lesung des Parteitages für geeignet hält und nicht für eine Verabschiedung. Wenn heute einige draußen in der Presse den Eindruck erwecken, als ob die Bildung einer neuen Kommission, die wir dem Parteitag ja antragen, so etwas wie ein Rückzug vor Kritik sei, so ist das ein Irrtum.
Zum Thema Orientierungsrahmen liegen 283 Anträge vor.
Der Parteitag begrüßt die Vorlage des Entwurfs für ein langfristiges gesellschaftspolitisches Programm, der in der Geschichte der Sozialdemokratischen Partei einen neuen Abschnitt der Diskussion eröffnet hat: er hat der politischen Diskussion durch Konkretisierung und Quantifizierung eine neue Qualität gegeben. Der Entwurf ist veränderungs- und ergänzungsbedürftig. Dafür ist - wie vom Saarbrücker Parteitag vorgesehen - eine neue Kommission einzusetzen.
Die Kommission erarbeitet einen aktualisierten und revidierten Entwurf, der die Beschlüsse des Parteitages einschließt bzw. die Diskussion auswertet. Dieser ist auf die Tagesordnung des nächsten Parteitages zu setzen. Der Partei ist vor dem Parteitag ausreichend Zeit zur Diskussion des neuen Entwurfs zu geben.
Das Godesberger Programm ist das gültige Grundsatzprogramm. Den politischen Grundsätzen des demokratischen Sozialismus entspricht die Politik der inneren Reformen und der Friedenssicherung nach außen.
Der Orientierungsrahmen hat nicht die Aufgabe das Godesberger Programm zu ersetzen. Er soll der Partei und der Öffentlichkeit mehr Klarheit über das verschaffen, was insgesamt an Problemen vor uns liegt und welche Lösungsmöglichkeiten erkannt und angestrebt werden.
Die Grundwerte des Godesberger Programms - Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität - sind auf die neu in Erscheinung getretenen Probleme, Konflikte, Herrschaftsverhältnisse, Verhaltensweisen und Werthaltungen zu präzisieren und zu konkretisieren. Es soll gezeigt werden, wie eine Vielzahl einzelner Maßnahmen Schritt für Schritt die Gesellschaftsordnung in Richtung auf mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verändert.
Die Kommission soll analysieren, welche gesellschaftlichen Entwicklungen zu erwarten sind, wenn die gegenwärtig wirksamen Trends fortgeschrieben werden. Auf der Grundlage dieser Analyse sind Alternativen zu erarbeiten, die auf eine Steigerung der Lebensqualität hinzielen. Die Beteiligung von möglichst vielen Bürgern am politischen Prozeß ist eines unserer Ziele. Die SPD bejaht demokratische Initiativen, die in rechtsstaatlicher Weise auf konkrete Verbesserungen gerichtet sind.
Der Kommission ist die Frage gestellt, wie die europäischen und weltweiten politischen und ökonomischen Veränderungen und Notwendigkeiten, die den Orientierungsrahmen betreffen, zu berücksichtigen sind, und welche Konsequenzen sich daraus für die gesellschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland ergeben.
Hierzu bemerkt H. Schmidt in der Diskussion: Wer Gesellschaftspolitik macht, muß sich natürlich ein Bild, sein Bild, von der Ausgangssituation machen. Man muß eine Hypothese im Hinblick auf die Ausgangslage haben und wissen, warum sie so ist. Hypothesen über Entstehungsbedingungen einer bestimmten historischen Situation lassen sich aber schwerlich wissenschaftlich feststellen. Sie beruhen vielmehr auf subjektiven Einsichten und Urteilen.
Wenn Analyse aber in den Bereich geschichtlicher Prozesse vordringt, wenn sie nach gesamtgesellschaftlichen Bewegungsgesetzen für den Menschen sucht, greift sie schon in den philosophischen Bereich der letzten Erklärungen. Dort sind Abstimmungen über falsch oder richtig in einer Partei wie der unsrigen nicht ohne weiteres und nur beschränkt möglich. Darin liegt meine persönliche Skepsis gegenüber der Erfüllbarkeit des Wunsches nach einer umfassenden Gesellschaftsanalyse begründet, der der neuen Kommission wohl mit auf den Weg gegeben wird.
Bei der Verwendung des Sozialprodukts ist eine wesentliche Steigerung öffentlicher Investitionen und Leistungen Voraussetzung für die Verwirklichung unserer Ziele. Wachstum ist kein Selbstzweck. Wachstum ist ein Mittel zur Durchsetzung unserer Politik.
Die bisherige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung hat aber immer schärfer Grenzen und Gefahren einer bloß am quantitativen Wachstum orientierten Politik gezeigt. Produktion und Konsum müssen unter bestimmten Umständen zurücktreten, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten und eine humanere Arbeitswelt durchzusetzen.
Die Kommission soll deshalb prüfen, welche Formen wirtschaftlichen Wachstums, insbesondere welche Steigerung der Produktivität, der höheren Lebensqualität dienen.
Ein schlüssiges Programm sozialer Reformen kann auf wirtschaftliches Wachstum nicht verzichten: Ohne wirtschaftliches Wachstum wäre unser Programm zum Scheitern verurteilt.
Das Ziel der Sozialdemokraten bleibt die Bändigung der Macht der Großwirtschaft und der Abbau der weit über das Ökonomisch-Materielle hinausgehenden Abhängigkeit der Arbeitnehmer.
Dabei verkennen sie die gesellschaftliche Bedeutung und Notwendigkeit der unternehmerischen Funktion nicht; der Auseinandersetzung, die ein von Teilen der Unternehmerschaft gegen notwendige Reformmaßnahmen eingeleiteter Klassenkampf von oben mit sich bringen kann, werden sie nicht ausweichen. Es muß verhindert werden, daß der wirtschaftlich mächtige Teil dieser Gesellschaft, der Mehrheit grundlegende Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse verweigert. Wirksam öffentliche Kontrolle muß Machtmißbrauch der Wirtschaft verhindern. Die Kommission soll prüfen, welche Mittel und Instrumente für diese Kontrolle gegen Machtmißbrauch geschaffen werden sollen.
In diesem Kampf weiß die SPD sich mit den Organisationen der Arbeitnehmer in kritischer Solidarität verbunden.
Die Kommission soll die politischen und sozialen Konflikte herausarbeiten, die sowohl national wie international zu erwarten sind. Sie soll Vorschläge machen, wie das Programm mit den Lebensinteressen der Mehrheit des Volkes verbunden, mit ihrer Zustimmung im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung durchgesetzt und wie dazu der Informationsstand der Bürger erhöht und ihr Beteiligungswille aktiviert werden kann.
Die Kommission soll klären, welche der im Godesberger Programm bezeichneten Vorrechte der herrschenden Klassen die Verwirklichung der Reformziele behindern, und auf welche Weise die Politisierung der öffentlichen Meinung dagegen erreicht werden kann, wie die demokratische Gesamtstruktur der Gesellschaft ein größeres Gewicht erhalten kann.
Die Demokratisierung der Gesellschaft ist die große Aufgabe der vor uns liegenden Jahre. Die qualifizierte Mitbestimmung in der Wirtschaft ist ein konstituierendes Element sozialdemokratischer Politik.
Dabei soll die Kommission prüfen, durch welche Instrumente und Maßnahmen demokratische Entscheidungen über Ziele und Zwecke der großen Investitionen von Staat und Wirtschaft herbeigeführt werden können.
Die Integration der Entwicklungsländer in eine neue weltwirtschaftliche Arbeitsteilung, wie der Einfluß der zunehmenden internationalen Verflechtung der Großkonzerne ist zu berücksichtigen.
Es ist zu klären, welche Möglichkeiten für einen stärkeren sozialdemokratischen Einfluß in der europäischen Gesellschaftspolitik geschaffen und verstärkt genutzt werden können.
Der verteilungspolitische Gesamteffekt des Orientierungsrahmens ist zu ermitteln; dabei muß besonders berücksichtigt werden, daß die Ausweitung der öffentlichen Infrastrukturleistungen und der öffentlichen Dienste entscheidende Verteilungswirkungen hat.
Unter der Einschränkung begrenzter nationaler Konjunkturpolitik ist zu untersuchen, wie die Konjunktursteuerungsinstrumente so ausgebaut werden können, daß nicht regelmäßig notwendige öffentliche Investitionen und Dienste die Hauptlast der Konjunkturpolitik tragen müssen. Die Bedingungen und Möglichkeiten einer einnahmeorientierten Konjunkturpolitik sind darzustellen.
Das Godesberger Grundsatzprogramm hat Investitionskontrollen, Wettbewerb durch öffentliche Unternehmen und - wo notwendig - Gemeineigentum im Bereich der Großwirtschaft als Mittel zur Bändigung wirtschaftlicher Macht und vereinbar mit freier Konsumwahl, freiem Wettbewerb und freier Unternehmerinitiative gekennzeichnet.
Die Kommission soll untersuchen, wie das Instrumentarium der Planung und Koordinierung aller wichtigen privaten Investitionsentscheidungen unter sektoralen und regionalen Gesichtspunkten ausgebaut werden kann, um dem Allgemeininteresse Vorrang vor einzelnen Interessen zu sichern. Dazu müssen den privaten Investitionen steuernde Rahmenbedingungen vorgegeben werden. Da es darauf ankommt, gesellschaftlich unerwünschte Ergebnisse des marktwirtschaftlichen Selbststeuerungsprozesses zu verhindern, ohne seine Vorteile - Flexibilität und Vielfalt, Initiative und Dynamik - zu gefährden, soll geprüft werden, wo das Privateigentum an Produktionsmitteln durch den überwiegenden Übergang der Verfügungsgewalt an Manager, die ihrerseits anonymen Mächten dienen, eine Überführung der Produktionsmittel in Gemeineigentum zweckmäßig ist; wie durch Normen für Qualitätssicherheit und für den Schutz der Umwelt privatwirtschaftliche Investitionen gesteuert werden können. Für die Beeinflussung privatwirtschaftlicher Investitionsentscheidungen kommen u.a. folgende Instrumente in Betracht: Steuervariationen, Abschreibungsregelungen, sonstige Investitionserleichterungen, gezielte Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsstrukturpolitik. Darüber hinaus sollen die Einschränkungen steuerlicher Absetzbarkeit der Werbung, und für eine Reihe von Produktionszweigen (z.B. Arzneimittel, Zigaretten), ein generelles Werbeverbot geprüft werden; in welcher Form die Menschen über Ziele und Zwecke wirtschaftlicher Entscheidungen demokratisch bestimmen können.
Die Aufgabe, Planungsalternativen zu formulieren, steht auch vor der neuen Kommission.
Im Lauf der weiteren Arbeiten wird zu prüfen sein, ob der Orientierungsrahmen aufzugliedern ist in einen grundsätzlich zu beschließenden Teil und in einen Abschnitt detaillierter und quantifizierter Sachaussagen, der regelmäßig fortgeschrieben wird.
In der Diskussion um diesen Beschluß ist vor allem die Frage des Umfanges des Staatseinflusses auf die Wirtschaft, vor allem bei den Investitionen, umstritten.
Der Parteitag bestätigt die 1972 im Wahlprogramm beschlossenen Aufgaben auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik für die nächsten vier Jahre. Eine ausgewogene Truppenverminderung und Rüstungsbegrenzung in Ost und West steht auch auf der Tagesordnung der nächsten vier Jahre.
Wir werden auf der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa für eine Form der Kooperation eintreten, durch die das Interesse aller Staaten am Frieden gestärkt, Vollbeschäftigung und Stabilität für die absehbare Zukunft gesichert wird.
Die Ostverträge müssen durch mehr wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, technologischen und kulturellen Austausch mit Leben erfüllt werden.
Ideologische Gegensätze dürfen den Ausbau der Zusammenarbeit der Staaten in ganz Europa, die Verbesserung der menschlichen Kontakte und des Austausches von Informationen und Ideen nicht behindern.
Der Parteitag erwartet, daß die DDR sich an Buchstaben und Geist des Vertragswerkes hält.
Die Fortführung der westeuropäischen Einigung ist unverzichtbarer Bestandteil sozialdemokratischer Politik.
Die bisher ungenügend berücksichtigten Interessen der Arbeitnehmer müssen nun zentraler Punkt der Arbeit in den Gemeinschaften sein.
Junta-Griechenland und Franco-Spanien und andere diktatorisch regierte Länder dürfen nicht in die EWG aufgenommen werden.
Der Parteitag protestiert gegen die Unterdrückung demokratischer Opposition in kommunistisch geführten Staaten. Er fordert die Amnestie aller wegen politischer Tätigkeit verurteilten Menschen und erwartet zunehmende Erleichterungen für Andersdenkende in den Staaten Osteuropas.
Privatinvestitionen in Staaten der Dritten Welt können nur dann durch steuerliche Erleichterungen begünstigt werden, wenn sie entwicklungspolitisch wirksam sind.
Der Parteitag bekräftigt die Erklärung des SPD-Vorstandes vom 26. Januar 1973 zu Vietnam.
Ein gerechter Frieden in Nahost muß ausgehen von der Unantastbarkeit des Lebensrechtes des Staates Israel und den berechtigten Interessen der arabischen Nachbarn. In ihrem Kampf gegen Kolonialismus und Rassismus steht die SPD an der Seite der Völker der Dritten Welt. Wir werden deshalb den nationalen Befreiungsbewegungen unsere Unterstützung gewähren.
Die SPD erklärt ihre Solidarität mit der Radikalen Partei Chiles bei ihrem Bemühen in der Regierung S. Allende um den Aufbau eines sozialistischen Staates auf parlamentarisch demokratischer Grundlage. Die Bundesregierung soll ihre Wirtschaftshilfe für Chile verstärken.
Zur Innenpolitik beschließt der Parteitag: Durch die Wahl am 19. November 1972 hat unsere Gesellschaft einen neuen Orientierungspunkt, eine neue Mitte gefunden. Das verpflichtet alle Sozialdemokraten.
Nur konsequente Reformarbeit im Interesse der Menschen kann die Führungsposition der Partei rechtfertigen, erhalten und ausbauen.
Die Partei muß nun den Begriff der Lebensqualität weiter präzisieren, seine politischen Konsequenzen durchdenken, ihr Reformprogramm darauf beziehen.
In der Finanzpolitik dürfen das Ringen um die Reform des Weltwährungssystems und die Bemühungen um Geldwertstabilität in unserem Land weder die Arbeitsplätze gefährden noch die nötigen öffentlichen Investitionen verhindern.
Die Konjunktursteuerung muß verstärkt die private Wirtschaft und die Einnahmeseite des Haushaltes einbeziehen. Der öffentliche Anteil am Bruttosozialprodukt ist deutlich zu erhöhen.
Der Parteitag fordert die rasche Verabschiedung einer Kartellgesetznovelle und der Steuerreform.
In Ballungsgebieten muß der Eisen- und Straßenbahnverkehr Vorrang vor dem weiteren Ausbau der Straßen erhalten.
Im Umweltschutz ist das Verursacherprinzip in konkrete gesetzliche Vorschriften umzusetzen.
In den Krankenhäusern ist die Klasseneinteilung zu überwinden; die Vorsorgeuntersuchungen sollen erweitert und das Arzneimittelrecht soll geändert werden.
Die Pressefreiheit muß durch ein Presserechtsrahmengesetz gestärkt werden.
Die Reform des Strafrechts und -vollzugs sowie der Wirtschaftskriminalität muß fortgeführt werden. Der § 218 ist entsprechend früheren Parteitagsbeschlüssen neu zu formulieren. Darüber hinaus muß durch eine gründliche Justizreform das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung gestärkt werden.
Nach heftigen Diskussionen beschließt die Mehrheit des Parteitages, daß bei der Bekämpfung verfassungswidriger Bestrebungen eine verfassungsmäßige und rechtsstaatliche Behandlung von Bewerbern und Bediensteten im öffentlichen Dienst gewährleistet ist. Die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen Partei oder Organisation steht daher einer Mitarbeit im öffentlichen Dienst nicht entgegen. Jeder einzelne Zweifelsfall ist genau zu überprüfen. Auf Angaben anonym bleibender Zeugen darf die Ablehnung nicht gestützt werden. Der Betroffene ist anzuhören; im Falle der Ablehnung oder Entfernung aus dem Dienst müssen ihm die Gründe schriftlich mitgeteilt werden, damit er sie gerichtlich überprüfen lassen kann. Der bestehende Radikalenerlaß ist in dieser Richtung zu ändern. Auch im Bereich des öffentlichen Dienstes muß die verfassungsrechtlich garantierte Vielfalt von Meinungen erhalten bleiben. Für Beamte, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst soll das Dienstrecht vereinheitlicht werden.
Der Parteitag nimmt einen Antrag erst nach heftiger Diskussion an: Sobald genügend Zivildienstplätze geschaffen sind, soll die Gewissensentscheidung des Dienstpflichtigen nicht mehr vor einer Kommission begründet werden. Der Wehrpflichtige entscheidet sich durch seine schriftliche Erklärung für den Wehrdienst oder für den Ersatzdienst.
Die Vermögensbildung wird lebhaft diskutiert. Der Vorstandsvorsitzende der Bank für Gemeinwirtschaft, W. Hesselbach, bezeichnet die Beteiligung am Produktivvermögen als eine »politisch gezielte Ingangsetzung automatisch weiterlaufender Veränderungsprozesse«. Es gehe hierbei nicht um die Schaffung von individuellem Reichtum für jedermann, sondern um die Einleitung eines gesellschaftlichen und ökonomischen Prozesses. Weder die Bildung einer »kleinkapitalistischen Mentalität noch die Erzeugung der Fiktion großen individuellen Reichtums oder auch die Bildung eines neuen Mittelstandes« sei beabsichtigt. Großbetriebe mit einem Steuerbilanzgewinn von über 400 000 DM jährlich sollen Kapitalanteile in einen Fonds einbringen. Barleistungen dürfen die Unternehmen nicht vornehmen. Diese Fonds sollen an Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen bis 36 000 DM bzw. 48 000 DM kostenlose Anteile abgeben. Bei der Ausgabe von Gratisaktien sowie normalen Kapitalerhöhungen sollen diesen Fonds Sonderrechte eingeräumt werden. Nach diesem Konzept sollen jährlich fünf Milliarden DM in die Fonds fließen, für den einzelnen Arbeitnehmer wäre das ein Anteil von 200 DM. Eine Auszahlung kann erst nach sieben Jahren erfolgen. Die Kontrolle der Fonds soll eine Versammlung der Anteilsberechtigten ausüben.
Beim Parteivorstand wird eine Medienkommission gebildet, die über die Einhaltung der medienpolitischen Prinzipien der Partei zu wachen hat. Der Parteivorstand legt dem Parteitag bis Ende 1973 einen Bericht über Konstruktion und Umfang der Aufgaben der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft und der in ihr zusammengeschlossenen Unternehmen vor. Dabei wird auch die Entwicklung der SPD-nahestehenden Zeitungen nach 1945 mit einbezogen. Der Parteitag erwartet, daß in den eigenen Unternehmen die qualifizierte Mitbestimmung und Redaktionsstatute eingeführt werden.
Private Makler sollen Wohnungen sowie Grund und Boden nicht mehr vermitteln dürfen. Das sollen kommunale Stellen tun. Mietsteigerungen durch Subventionsabbau sollen durch höheres Wohngeld ausgeglichen, kinderreiche Familien, alte Menschen, Schwerbehinderte, ausländische Arbeitnehmer oder sonstige Problemgruppen durch den Neubau und bei der Wiederbelegung freiwerdender Sozialwohnungen besonders begünstigt werden. Die Wohnkostenbelastung der Inhaber von Sozialwohnungen hat sich an ihren jeweiligen Einkommen zu orientieren. Kündigungsschutz zugunsten der Mieter ist in ein Dauerrecht umzuwandeln. Die Finanzmittel zur Förderung des Wohnungsbaus sind u.a. durch einen Abbau der Steuervergünstigungen für nicht selbstgenutzten Wohnraum zu beschaffen.
Die Pläne der SPD für eine Reform des Bodenrechts sehen u.a. vor: ein umfassenderes Planungsrecht; für die Gemeinden ein Vorkaufsrecht zur Verminderung spekulativer Bodenkäufe und zur Durchsetzung von Bebauungsplänen; ein strafferes Enteignungs- und Entschädigungsrecht; die Einführung eines Planungswertausgleichs, um die Spekulation mit Grund und Boden unter Erhaltung marktwirtschaftlicher Grundsätze einzudämmen; ein neues System der Ermittlung des Bodenwertes, der bei Enteignungs- und Entschädigungsverfahren zugrundegelegt werden muß. Die Bürger sollen bei der Planung mitbestimmen. Auf außergewöhnlichen Zuwachs des Bodenwertes soll eine Steuer eingeführt, öffentliches Eigentum soll nur als Nutzungseigentum an Private abgegeben werden.
Unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Garantie und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums sind Grundprinzipien einer Neubestimmung des Bodeneigentums zu beschließen, um die Verfügungsrechte über Grund und Boden so zu regeln, daß eine spekulative Vermögensanlage völlig ausgeschlossen wird und sich der Wettbewerb der Nachfrager um Bauboden nur noch an der möglichen Nutzung orientieren kann.
Jeder Bürger hat ein gesetzlich zu verankerndes Waldbetretungsrecht. See- und Flußufer sind für alle Bürger zugänglich, und es besteht hier in einer bestimmten Tiefe ein grundsätzliches Bauverbot.
Die Kommunalisierung oder Sozialisierung des Bodens kann auch als langfristige Zielsetzung nicht in Betracht gezogen werden.
Das Zeugnisverweigerungsrecht ist auf alle Personen auszudehnen, deren psychotherapeutische oder sonst beratende Tätigkeit ein besonders menschliches Vertrauensverhältnis voraussetzt oder in aller Regel begründet.
Die vorgelegten gesundheitspolitischen Leitsätze fallen nach Meinung des Parteitages hinsichtlich ihres Ansatzes erheblich hinter den aktuellen Stand der innerparteilichen Diskussion zurück und nehmen insbesondere allzu deutlich Rücksicht auf die einseitigen Standesinteressen der organisierten Ärzteschaft, der die Verfasser bezeichnenderweise denn auch entstammen. Der Parteitag hat die Befürchtung, daß auch im Hinblick auf andere profilierte sozialdemokratische Inhalte aus Angst vor einer Diffamierungskampagne der CDU/CSU allzu große Abstriche gemacht werden. Alle zuständigen Gremien der Partei werden aufgefordert, dieser Gefahr unter keinen Umständen zu unterliegen.
Beim Parteivorstand ist eine Kommission zu bilden, die ein Konzept für die Aufnahme der ausländischen Arbeitnehmer in die Rechts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik erarbeitet.
Die für die Kandidatenaufstellung zu den Volksvertretungen zuständigen Parteigremien haben künftig mehr darauf zu achten, daß nur solche Kandidaten aufgestellt werden, die sich grundsätzlich an der im innerparteilichen Willensbildungsprozeß entscheidenden Meinung orientieren.
Das Parteiengesetz ist dahin zu ändern, daß die bisher praktizierte verschleierte Parteienfinanzierung unterbunden wird.
Sozialdemokratische parlamentarische Mandatsträger dürfen keine Abmachungen mit einem außerparlamentarischen Interessenten treffen, die mit persönlichen Vermögensvorteilen für sie und gleichzeitig mit bestimmten Erwartungen an ihr politisches und parlamentarisches Verhalten verbunden sind. Mitglieder der SPD, die in Wahrung öffentlicher Ämter und Mandate als Mitglieder von Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten Tantiemen oder ähnliche Bezüge erhalten, haben von ihren Bruttobezügen 30 Prozent an die Parteigliederungen abzuführen. Kandidaten für ein öffentliches Amt haben dem für die Wahl zuständigen Parteiorgan die Art ihrer Einkünfte zu eröffnen.
Die Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Ärzte und Apotheker (AsÄ) ist über den Kreis der Heilberufe hinaus auf andere am Gesundheitswesen beteiligte Personengruppen auszudehnen.
Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit ist der demokratische Sozialismus breiten Bevölkerungsschichten bekannt und konkret verständlich zu machen.
Der Parteitag wählt mit 404 gegen 20 Stimmen bei vier Enthaltungen W. Brandt wieder zum Parteivorsitzenden; stellvertretende Vorsitzende werden: H. Schmidt mit 286 gegen 129 Stimmen und 16 Enthaltungen und H. Kühn mit 280 gegen 127 Stimmen und 19 Enthaltungen.
Als Schatzmeister wird A. Nau mit 286 gegen 115 Stimmen bei 17 Enthaltungen im 2. Wahlgang wiedergewählt.
Der weitere, weitgehend erneuerte Vorstand wird wie folgt gewählt: H. Apel (233); W. Arendt (401); R. Arndt (258); H. Börner (296); H. Buschfort (278); Elfriede Eilers (294); E. Eppler (296); B. Friedrich (268); V. Gabert (226); H. Heinemann (314); H. Junker (254); H. Koschnick (357); F. Läpple (305); G. Leber (260); H. Matthöfer (244); P. v. Oertzen (244); A. Osswald (305); K. Porzner (301); D. Posser (307); J. Rau (212); H. Ristock (198); W. Roth (221); Vera Rüdiger (267); H. Ruhnau (202); K. Schütz (298); J. Steffen (248); W. Vitt (208); H.-J. Vogel (288); H. Wehner (419) und H.-J. Wischnewski (284).
In seinem Schlußwort erklärt W. Brandt, die SPD sei und bleibe die Partei des Godesberger Programms, sie lasse sich nicht auseinander dividieren. Die SPD ist die große, integrationsfähige Volkspartei, die in den breiten Schichten der Arbeitnehmerschaft verankert bleibe und offen sei für alle, für die Demokratie eine gesellschaftliche Notwendigkeit sei und Sozialismus konsequente Demokratie bedeutet.
W. Brandt räumt ein, auf dem Parteitag seien gewisse Belastungen sichtbar geworden, Zerreißproben habe es aber nicht gegeben. Der Parteitag habe den Anfang einer Klärung dafür gebracht, daß es zwischen theoretischer Begründung des Handelns und dem politischen Handeln keine Isolierwand geben kann.