Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 28. April 1972

Der Bundestag lehnt den Haushalt des Bundeskanzlers mit 247 gegen 247 Stimmen und einer Enthaltung ab.

Bundeskanzler W. Brandt schlägt vor, die Parteien sollten versuchen, die für das Staatsganze schädliche Polarisierung zu überwinden. Als Ansatzpunkte für mehr Gemeinsamkeit nennt W. Brandt: Eine Entschließung, in der die außenpolitischen Ziele unseres Landes bekundet werden; Einigkeit in dem Wunsch nach mehr Stabilität, nach geringeren Preissteigerungen und nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand; gemeinsame Sorge um die Probleme der inneren Sicherheit; gemeinsame Erörterung der Probleme des Bundeshaushaltes, obwohl die Bundesregierung nach den Artikeln 111 und 112 des Grundgesetzes ohnehin haushaltsmäßig genügend Spielraum hat und Verständigung auf ein gemeinsames Vorgehen aller Fraktionen in bezug auf Neuwahlen.

Die CDU/CSU werde, antwortet Oppositionsführer R. Barzel, einen Entschließungsentwurf der Bundesregierung zur Außenpolitik mit aller Gewissenhaftigkeit und aller Ernsthaftigkeit prüfen und sich entscheiden, wenn sie ihn kennt; zum Punkt Währungs- und Finanzpolitik sei hier im Haus die Debatte über den Haushalt zu führen; beim Problem innere Sicherheit gebe es einige Punkte, die man zweckmäßigerweise nicht in der Öffentlichkeit erörtert; von den Artikeln 111 und 112 des Grundgesetzes mache die Regierung ja schon vier Monate in diesem Jahr Gebrauch.