Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Bundeskanzler W. Brandt erklärte im Bundestag zu den Problemen der inneren Reformen: In den fünfziger Jahren hat das deutsche Volk in der Bundesrepublik in einem stürmischen Wiederaufbau aus einer Trümmerlandschaft eine der leistungsfähigsten Industrienationen der Welt geschaffen. Jetzt stellt man fest, daß während der Aufbauphase manches liegengeblieben, manches falsch gelaufen ist. Reformen sind notwendig, aber dafür gibt es kein allumfassendes Patentrezept: Nur durch schrittweise Erneuerung kann die Angst vor der Zukunft gebannt, kann Sicherheit über den Tag hinaus erreicht werden. Viele Aufgaben des Staates können nur in einem längeren Zeitraum gelöst werden. Unter inneren Reformen versteht die Bundesregierung schrittweise Veränderungen unserer staatlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeit, die sich an den für eine freie und fortschrittliche Gesellschaft im sozialen und demokratischen Rechtsstaat bestimmenden Grundwerten orientieren.
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
24. März 1971
Zielvorstellungen solcher Reformen sind: mehr Humanität, gleiche Lebenschancen, mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Freiheit für den einzelnen, Sicherheit im Innern und nach außen und mehr Mitwirkung für den Bürger im Gemeinwesen.
Für die inneren Reformen sollen weder die Wirtschaft noch der Steuerzahler überfordert werden. Die Reformpolitik ist neben der Politik der Sicherung des Friedens die große Herausforderung, vor die wir gestellt werden. Nur die Gestaltung des Wandels kann Lebensprinzip einer menschenwürdigen Industriegesellschaft sein. Die Bundesregierung bekennt sich zum Prinzip der Leistungsgesellschaft, die eine der Voraussetzungen für gesellschaftlichen Fortschritt ist.