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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
März 1971

Der Parteivorstand der SPD erklärt zu den Beschlüssen des Bundeskongresses der Jungsozialisten in Bremen: Die SPD hat sich sowohl in ihrem Grundsatzprogramm als auch in Beschlüssen des Parteitages von Saarbrücken zur EWG bekannt. Die grundsätzlich ablehnenden Tendenzen des Beschlusses der Jungsozialisten stehen zu diesen Festlegungen im Widerspruch.
Gesellschaftspolitische Reformen und eine Verbesserung der gegebenen Verhältnisse im Interesse eines besseren sozialen Ausgleichs sind nicht Vorstufen zur Überwindung der Marktwirtschaft durch eine Voll-Sozialisierung, sondern Mittel zu ihrer Fortentwicklung zugunsten der abhängig Beschäftigten. Dabei darf die unternehmerische Eigeninitiative als eine der wichtigen Antriebskräfte des Systems jedoch nicht aufgehoben werden. Die Forderung, privaten Investoren finanzielle Mittel zu entziehen, um eine stärkere Ausdehnung der Staatsausgaben zu ermöglichen, erscheint unannehmbar. Möglich und wünschenswert ist, daß die Wachstumsrate der öffentlichen Investitionen die der privaten übertrifft.
In der langfristigen wirtschaftspolitischen Zielsetzung kann von einer gemeinsamen Basis von SPD und Jungsozialisten dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Bremer Beschlüsse zur Grundlage der Politik der Jungsozialisten würden. Das Godesberger Programm strebt die Weiterentwicklung der Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb und freier Unternehmerinitiative als wichtigen Elementen sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik an.
Entsprechend dem Godesberger Programm ist Gemeineigentum eine legitime Form der öffentlichen Kontrolle, wo mit anderen Mitteln eine gesunde Ordnung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse nicht gewährleistet werden kann. Gemeineigentum ist aber kein Ziel der Wirtschaftspolitik. Alle Hoffnungen, durch Gemeineigentum zur Überwindung der Selbstentfremdung des Menschen oder der Ausbeutung zu gelangen, haben sich historisch nicht erfüllt.
Der Bremer Beschluß, der sowohl eine Vermögensbildung beim einzelnen Arbeitnehmer als auch die Ausgabe eines Besitztitels ablehnt, verstößt gegen das Grundsatzprogramm und den Parteitagsbeschluß.
Mitbestimmung ist nach Auffassung der SPD ein Element der Demokratie, das auf den Arbeitnehmer selbst ausgerichtet ist. Demgegenüber versteht der Bremer Beschluß Mitbestimmung nur als ein Mittel, um die Voraussetzungen für den Übergang zum Sozialismus zu schaffen.
Konsequenterweise nimmt der Bremer Beschluß keine Rücksicht darauf, ob die Funktionsfähigkeit des Betriebes gewährleistet, beeinträchtigt oder zerstört wird, da er ja die Zerstörung des gesamten Wirtschaftssystems mit dem Ziel eines »Übergangs zum Sozialismus« beabsichtigt.
Die in diesen Beschlüssen enthaltenen Elemente der Rätedemokratie und des imperativen Mandates sind abzulehnen.
Der Parteivorstand stellt fest, daß die Beschlüsse des Kongresses in Bremen zur Bildungspolitik konkrete Modelle für die Demokratisierung der Schule und zur Vorschulerziehung enthalten. Damit sind die Jungsozialisten der in der Stellungnahme des Parteivorstandes ausgesprochenen Forderung nach Entwicklung konkreter Modelle nachgekommen und knüpfen in der Sache an die bildungspolitische Programmatik der SPD an.
Nach Meinung des Parteivorstandes sollte der Beschluß der Jungsozialisten zur Vorschulerziehung in die weitere Diskussion der Partei einbezogen werden. Die Vorstellungen der Jusos zum Berufsbildungswesen decken sich weitgehend mit den Vorstellungen der Partei.



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net edition fes-library | Juni 2001