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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
10. Juni 1970

Die Bundesregierung legt ihren Bildungsbericht 1970 vor. Sie bekräftigt erneut ihre Überzeugung, daß die dringend erforderlichen bildungspolitischen Reformen in gesamtstaatlicher Verantwortung von Bund und Ländern gemeinsam gestaltet werden müssen.
Für die Reform des Bildungswesens müssen nach Ansicht der Bundesregierung folgende allgemeine Grundsätze gelten: Oberstes Ziel ist ein demokratisches, leistungs- und wandlungsfähiges vierstufiges Bildungssystem, das jedem Bürger von der Vorschulerziehung bis zur Weiterbildung zu seiner persönlichen, beruflichen und politischen Bildung offensteht. Der Verfassungsgrundsatz der Chancengleichheit muß durch intensive, individuelle Förderung aller Lernenden auf allen Stufen des Bildungssystems verwirklicht werden. Bildung und Ausbildung sollen den heranwachsenden Menschen zu kritischem Denkvermögen und geistiger Unabhängigkeit, zu Selbständigkeit und Selbstbestimmung verhelfen.
Die Schule muß daher eine bessere und gründlichere Bildung als gegenwärtig vermitteln, auf der eine den individuellen Interessen und Fähigkeiten entsprechende berufliche Weiterbildung aufbaut. Die Kapazität der Hochschulen muß in den nächsten zehn Jahren mindestens verdoppelt werden.
Mit der Entwicklung eines umfassenden, differenzierten Gesamtschul- und Gesamthochschulsystems soll in der Bundesrepublik ein demokratisches Bildungswesen entstehen, wie es ähnlich in anderen demokratischen Industriestaaten verwirklicht wurde. Konkrete Zielvorstellungen sind u.a.: Verdoppelung der Kindergartenplätze bis 1980; Einschulung mit dem 5. Lebensjahr; Vorbereitung aller Schüler auf eine wissenschaftlich bezogene weiterführende Bildung; Zusammenfassung von Haupt- und Realschule sowie Gymnasium zu einem schrittweise zu erprobenden und einzuführenden Gesamtschulsystem; Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6; wachsende Auswahl zwischen verschiedenen Pflicht- und Wahlfächern in den Klassen 7 bis 10; Verkürzung der Schulzeit in der Oberstufe auf 12 Jahre; bis 1980 soll etwa die Hälfte aller Schüler eines Altersjahrgangs diesen Schulabschluß erwerben können; Reformierung der Lehrerbildung; Verbesserung der Lern- und Lehrpläne; Gesamthochschulen sollen geschaffen, Studiengänge und Lehrkörper reformiert, die Autonomie der Hochschulen gestärkt und die Mitwirkung aller in der Hochschule Tätigen am Entscheidungsprozeß gesichert werden. Etwa ein Viertel der Angehörigen eines Altersjahrganges soll bis 1980 in den tertiären Bildungsbereich (Hochschulen) eintreten.
Die derzeitige Erwachsenenbildung und die berufliche Weiterbildung sollen zu einer vierten Stufe des Bildungswesens ausgebaut und der Bildungsurlaub soll gesetzlich geregelt werden. Die individuelle Ausbildungsförderung soll ausgebaut und verbessert werden.



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net edition fes-library | Juni 2001