Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 11. März 1968

Vor dem Bundestag gibt Bundeskanzler K. G. Kiesinger den ersten Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland ab. Er spricht sich für einen gegenseitigen Gewaltverzicht als wichtigen Schritt für eine europäische Friedensordnung aus. Die Bundesregierung wäre froh, wenn dieser mit gleichwertiger und gleichzeitiger Abrüstung und Truppenverminderung verbunden werden könnte. Die Bundesregierung hat eine Politik der Entspannung gegenüber Osteuropas eingeleitet, um den gefährlichen Zustand der erstarrten Fronten zwischen den Blöcken zu ändern. Die Bundesregierung unterstützt die Beitrittsgesuche Großbritanniens und anderer Staaten zur EWG und wird im übrigen auch weiterhin an einer engen Zusammenarbeit mit Frankreich festhalten, ohne die die Einheit Europas nicht gelingen kann.
Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen bleibt trotz drakonischer Beschränkungen seitens der Machthaber im anderen Teil Deutschlands bestehen. Die Bundesregierung hält an ihrer Absicht fest, das Schicksal der Menschen im geteilten Deutschland zu erleichtern. Sie ist bereit, über alle praktischen Fragen des Zusammenlebens der Deutschen mit der Regierung in Ost-Berlin zu verhandeln.
Die Bundesregierung ist entschlossen, die Lebensfähigkeit von West-Berlin und seiner Bevölkerung auch in Zukunft mit allen Mitteln zu sichern.