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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
10. Mai 1967

Der Bundestag stimmt gegen 27 Stimmenthaltungen einer Änderung des Grundgesetzes zu, mit dem der Bund die verfassungsrechtliche Möglichkeit erhält, aus konjunkturpolitischen Gründen die Finanzwirtschaft der Länder und Gemeinden in gewissen Grenzen im Sinne einer antizyklischen Haushaltspolitik zu beeinflussen.
Nach dieser Grundgesetzänderung verabschiedet der Bundestag mit großer Mehrheit das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums in der Wirtschaft. Dieses Gesetz stützt sich auf die Erkenntnis, daß sich dem Staat auch in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die Aufgabe stellt, stützend und korrigierend in den Wirtschaftsablauf einzugreifen. Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.
Das Gesetz sieht vor: Die Verpflichtung der Bundesregierung, jährlich einen Jahreswirtschaftsbericht zusammen mit in Zahlen festgelegten wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung (Jahresprojektion) vorzulegen; die Verpflichtung der Bundesregierung, im Falle der Gefährdung eines der Ziele des Gesetzes, Orientierungsdaten für Arbeitnehmer und Unternehmer für eine konzertierte Aktion bereitzuhalten; die Haushaltspläne des Bundes und der Länder haben sich künftig an einer fünfjährigen Finanzplanung zu orientieren; dieser Finanzplan ist jährlich der Entwicklung anzupassen; die Verpflichtung der Bundesregierung, alle zwei Jahre einen Bericht über die aus Bundesmitteln an verschiedene Gruppen der Bevölkerung gezahlten Subventionen dem Parlament vorzulegen (Subventionsbericht); die Errichtung eines Konjunkturrates für die öffentliche Hand zur Abstimmung der Wirtschafts- und Finanzpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden. Bei einer inflationistisch wirkenden Ausweitung der Nachfrage können u.a. folgende Gegenmaßnahmen ergriffen werden: Bund und Länder sollen ihre Ausgaben einschränken und die dadurch frei werdenden Mittel entweder zur zusätzlichen Tilgung von Schulden verwenden oder einer bei der Bundesbank einzurichtenden Konjunkturausgleichsrücklage zuführen. Die Bundesregierung erhält die Ermächtigung, bei starker Nachfrageübersteigerung die Einkommen-, Lohn- und Körperschaftsteuern um bis zu 10 v. H. heraufzusetzen. Weiter kann sie die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen sowie der degressiven Abschreibung für die Dauer von längstens einem Jahr ausschließen. Die Bundesregierung kann, wenn der Bundesrat zustimmt, die Aufnahme von Krediten durch Bund, Länder und Gemeinden auf Höchstbeträge beschränken. Zur Bekämpfung einer die Vollbeschäftigung gefährdenden Abschwächung der Nachfrage sollen Bund und Länder zusätzliche Ausgaben, insbesondere für Investitionen, tätigen. Zu ihrer Finanzierung sind zunächst Mittel aus der Konjunkturausgleichsrücklage zu entnehmen. Der Bund kann sich, nachdem seine Rücklage aufgebraucht ist, zusätzliche Kredite beschaffen. Um die private Nachfrage zu beleben, können die Einkommen-, Lohn- und Körperschaftsteuern bis zu längstens einem Jahr um 10 v. H. ermäßigt, eine Belebung der privaten Investitionstätigkeit soll durch die Gewährung einer Investitionsprämie erreicht werden: Für einen bestimmten Zeitraum wird für neu beschaffte oder hergestellte Anlagegüter ein Abzug von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer in Höhe von höchstens 7,5 v. H. der Kosten zugelassen; die Verpflichtung der Bundesregierung, die binnenwirtschaftliche Entwicklung außenwirtschaftlich nach Maßgabe der bestehenden internationalen Abkommen abzusichern.

Der Vorsitzende des Ministerrats der DDR, W. Stoph, erklärt sich in einem Brief an Bundeskanzler K. G. Kiesinger zu Verhandlungen über eine Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten bereit. W. Stophs Verhandlungsangebot stützt sich auf die bekannten Forderungen Ost-Berlins, darunter die Aufnahme normaler Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten.


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net edition fes-library | Juni 2001