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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
22. Okt. 1966

Das »Neue Deutschland« veröffentlicht sechs Fragen der SED an die SPD-Führung, über die politische Verhandlungen zwischen beiden Parteien aufgenommen werden sollen. Sie betreffen u. a. die Anerkennung der bestehenden Grenzen; den Beginn offizieller Verhandlungen zwischen den Regierungen beider deutscher Staaten sowie die Verhinderung gesetzlicher Maßnahmen, die wie die Notstandsverfassung der »Kriegsvorbereitung« dienen. Der Stellvertretende Vorsitzende der SPD, H. Wehner, stellt in Berlin vier Gegenfragen an die SED. H. Wehner möchte vor allem wissen, warum die SED-Führung verschweigt, daß der Vorstand der SPD bereit war und ist, über alle Kernfragen der deutschen Politik öffentlich zu diskutieren und warum die SED bei der Absage der beiden für Karl-Marx-Stadt und Hannover vereinbarten öffentlichen Versammlungen bleibt.
Parteivorstand, Parteirat und Kontrollkommission der SPD beschließen: Die SPD ist entschlossen, alles in ihrer Kraft Stehende zu tun, um den toten Punkt in der Deutschlandpolitik zu überwinden. Dies erfordert die Auseinandersetzung mit der Unbeweglichkeit der CDU/CSU und der schwachen Bundesregierung. Die SPD bejaht wie bisher folgende Grundsätze der Deutschlandpolitik. Die Verantwortung der vier Mächte für die Lösung des deutschen Problems besteht völkerrechtlich weiter. Die Bundesrepublik ist der Staat, in dem die Deutschen frei ihren Willen ausdrücken können und in dem es eine Regierung gibt, die durch den Willen der Bevölkerung legitimiert ist. Hieraus ergeben sich Rechte und Pflichten für die Vertretung der nationalen Interessen. Das Regime im anderen Teil Deutschlands kann weder als demokratisch legitimiert, noch kann jener andere Teil völkerrechtlich anerkannt werden. Die SPD ist entschlossen, im Rahmen der genannten Grundsätze eine Sachdebatte über die Möglichkeiten der Deutschlandpolitik zu erzwingen. Deutschlandpolitik ist kein isoliertes Aktionsfeld, vielmehr kann sie sich nur ergeben in dem weitgespannten Rahmen, der von der Stabilisierung unserer Sicherheit, des Bündnisses über die Probleme der Rüstungskontrolle, die Ostpolitik der Bundesrepublik und über unsere Europapolitik bis hin zur Gestaltung der innerdeutschen Regelungen reicht.
Die SPD erneuert ihr Angebot an die Regierungsparteien, ein permanentes Gremium zur Beratung der Deutschlandpolitik zu schaffen.
Die SPD war und bleibt bereit, die Besprechungen mit den Beauftragten der SED wieder aufzunehmen. Die kommunistische SED wird sich auf die Dauer nicht darum drücken können, sich an der von der SPD fortgeführten Deutschlanddiskussion konkret zu beteiligen. Die Diskussion über die nationalen Kernfragen wird in beiden Teilen Deutschlands weitergehen.



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net edition fes-library | Juni 2001