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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
25. Jan. 1965

Der Parteivorstand der SPD veröffentlicht ein Memorandum des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, W. Brandt, zur Frage einer möglichen neuen Ostpolitik.
Das westliche politische Denken geht in zunehmendem Maße davon aus, die osteuropäischen kommunistischen Staaten nicht mehr als bloße Satelliten der Sowjetunion zu betrachten.
Es liegt im westlichen Interesse, die Eigenständigkeit der osteuropäischen Nationen zu unterstützen. Über konkrete, bis auf weiteres zwangsläufig begrenzt bleibende Formen der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit hinaus kommt es entscheidend darauf an, eine Perspektive gutnachbarlicher Beziehungen deutlich werden zu lassen. Gerade auf diese Weise können Kräfte der Evolution ermutigt und gefördert werden. Die differenzierte Entwicklung macht es erforderlich, eine unterschiedliche Haltung für jedes einzelne der osteuropäischen Länder zu entwickeln.
Stets muß deutlich gemacht werden, daß der Westen bereit ist, durch sachliche Zusammenarbeit dem wirtschaftlichen Fortschritt und der Erhöhung des Lebensstandards für die eigenen und für andere Völker zu dienen. Dazu steht nicht im Gegensatz, daß der Westen nichts unternehmen darf, was seine Sicherheit gefährdet und daß er keine unzumutbaren Bedingungen akzeptieren kann.
Von großer psychologischer und in der weiteren Entwicklung auch tatsächlicher Bedeutung ist die Erörterung und Entwicklung von gemeinsamen technischen Großprojekten. Kulturelle Vereinbarungen sind nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit anzustreben.
Möglichkeiten der wirtschaftlichen und kulturellen Kommunikation mit der sowjetisch besetzten Zone sind primär ein deutsches Problem. Einvernehmen und Abstimmung mit den drei Mächten ist selbstverständlich. Es muß deutlich werden, daß eine solche Politik weder schwächlich noch illusionär ist, sondern daß sie von einer sich wandelnden Wirklichkeit ausgeht und auf eine bessere Zukunft abzielt. Dabei muß die Überzeugung bekräftigt werden, daß die Lebenskraft der freiheitlichen Ordnung überlegen ist. In der gegenwärtigen Zwischenphase ist vor allem darauf zu bestehen, daß die Bindungen zwischen Berlin und der Gesamtheit der Bundesrepublik respektiert werden. Aus deutscher Sicht ist es von größter Wichtigkeit, daß Vereinbarungen im wirtschaftlich-technischen Bereich von einer Milderung menschlicher Notstände begleitet werden.



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net edition fes-library | Juni 2001