Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 2./4. Sept. 1964

In Brüssel findet eine Jubiläumstagung des Generalrates der Sozialistischen Internationale zur Feier des 100. Jahrestages der Internationale statt.
Der Generalrat wählt als Nachfolger E. Ollenhauers den Österreicher B. Pittermann zum Präsidenten der Internationale und bestätigt die Vizepräsidenten H. Wilson, T. Erlander und G. Mollet.
W. Brandt führt auf der Tagung u. a. aus: Wenn die deutschen Sozialdemokraten in Übereinstimmung mit der erdrückenden Mehrheit der Deutschen von heute das Recht auf Selbstbestimmung auch für ihr Volk erbitten, dann nicht, weil wir mehr haben wollen als andere, sondern weil wir das haben möchten, was die Charta der Vereinten Nationen allen Völkern zusagt. Es darf nichts unversucht bleiben, um angesichts von Mauer und Stacheldraht um menschliche Erleichterungen zu ringen. Das ist nicht leicht. Und es ist kein Ersatz für die Selbstbestimmung. Und es ist kein Ersatz für politische Lösungen.
Der Generalrat erklärt einstimmig: Wir verpflichten uns weiterhin, zum Aufbau einer Welt beizutragen, in der der Frieden nicht durch Gewalt, sondern durch gegenseitige Verständigung erreicht wird; die Massenvernichtungsmittel einer wirksamen internationalen Kontrolle unterstellt und letztlich beseitigt werden und die für militärische Zwecke verwandte Kernenergie friedlicher Nutzung zugeführt wird; die totalitären Mächte überwunden und die Menschenrechte unter demokratischen Regierungen gesichert sind; jede Diskriminierung auf Grund der Rasse, der Farbe, der Religion oder des Geschlechts beseitigt ist; der Reichtum dieser Erde in seiner Fülle zum gemeinsamen Wohl und nicht zur Bereicherung von wenigen genutzt und zur Verfügung gehalten wird; die Ausbeutung und Versklavung des Menschen durch den Menschen und zwischen den Völkern unmöglich ist.