Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 24. Aug. 1960

Parteivorstand, Parteirat und Kontrollkommission der SPD beschließen »Agrarpolitische Richtlinien der SPD«. Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Faktor des sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Eine gesunde Landwirtschaft ist nicht möglich ohne eine gesunde Gesamtwirtschaft. Eine gesunde Gesamtwirtschaft ist nicht denkbar ohne eine gesunde Landwirtschaft. Die Agrarpolitik kann nur als ein Bestandteil der gesamten Wirtschaftspolitik betrieben werden. Die Grundsätze sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik gelten auch für die Landwirtschaft als Teil der Gesamtwirtschaft. Die Struktur der Landwirtschaft und die Abhängigkeit ihrer Produktion von unbeeinflußbaren Naturfaktoren erforderten jedoch besondere Maßnahmen.
Für die Agrarpolitik ergeben sich die Forderungen für eine stetige Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen: Schaffung einer Marktordnung, die den inneren Markt stabilisiert und vor unerträglichen Schwankungen auf dem Weltmarkt oder im eigenen Raum schützt; Bemühungen um eine Stabilisierung der Weltmärkte, die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen herbeigeführt werden muß und daher nicht im alleinigen Ermessen der deutschen oder europäischen Agrarpolitik stehen; Schaffung einer Sozialordnung, die alle in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen am allgemeinen Wohlstand teilhaben läßt. Die Landarbeiter haben Anspruch auf einen Lohn, der sie mit den Arbeitnehmern der übrigen Wirtschaft gleichstellt. Die soziale Sicherung der Bauern muß der Selbständigkeit bäuerlichen Wirtschaftens entsprechen.
Agrarpolitik muß eine Einheit von Struktur-, markt- und sozialpolitischen Maßnahmen sein; das bäuerliche Privateigentum durch ein neuzeitliches Bodenrecht geschützt werden.