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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
21. Juni 1932

Der ADGB und der AfA-Bund stellen Richtlinien für den Umbau der Wirtschaft in eine planvolle Gemeinwirtschaft auf. In der anzustrebenden planmäßigen Bedarfsdeckungswirtschaft soll die Gesellschaft die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel haben. U. a. wird gefordert: Stärkung der Massenkaufkraft und Regelung der Kapitalbildung und der Kapitalverwendung; Verkürzung der Arbeitszeit auf 40 Stunden als zur Zeit zulässiges Höchstmaß; Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeinbesitz, insbesondere des Bergbaues, der Eisenindustrie, der Großchemie, der Zementindustrie, der Energie- und Verkehrswirtschaft; Überwachung der Kartelle durch ein staatliches Kartell- und Monopolamt; Förderung der Konsumgenossenschaften; Verstaatlichung der Banken und Versicherungsgesellschaften und für die Übergangszeit planmäßige Verteilung der Kredite unter Aufsicht eines zentralen Bankenamtes; staatliche Handelsmonopole für Agrarprodukte; Umwandlung des nicht mehr lebensfähigen Großgrundbesitzes in Bauernland oder in genossenschaftliche Großbetriebe; Überführung des Großgrundeigentums in Gemeinbesitz.
In der Außenhandelspolitik Abbau der Handelshemmnisse; Wiederherstellung des internationalen Währungs- und Kreditzusammenhanges; Zusammenschluß der europäischen Wirtschaftskräfte; Einführung des staatlich organisierten internationalen Güteraustausches auf der Grundlage eines Außenhandelsmonopols entsprechend dem Aufbau der Planwirtschaft; Aufstellung einer
zentralen Planstelle, die den Aufbau der Planwirtschaft in engster Zusammenarbeit mit dem Bankenamt, dem Kartell- und Monopolamt usw. zu leiten hat und Demokratisierung der Wirtschaft sowie angemessene Beteiligung der berufenen Vertreter der Arbeitnehmer an allen öffentlichen Einrichtungen, die der Förderung oder Überwachung der Wirtschaft dienen.
Zur Frage der Einheitsfront der Arbeiterklasse erklärt der ADGB-Bundesvorstand u. a.: »Seit dem Sturz der Regierung Brüning wird der Gedanke der Einheitsfront der Sozialdemokratie und der Kommunistischen Partei unter der Arbeiterschaft in den Betrieben lebhaft erörtert.
Der Vorstand des ADGB ist fest davon überzeugt, daß der Kampf gegen den gemeinsamen Feind das geschlossene Vorgehen der gesamten deutschen Arbeiterbewegung zur gebieterischen Pflicht macht. In den anderthalb Jahrzehnten der Nachkriegszeit, seit dem Beginn der verhängnisvollen politischen Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung, waren die freien Gewerkschaften die Träger des Einheitsgedankens. In ihren Reihen war dieser Gedanke in den Grenzen des politisch Möglichen verwirklicht. Leider hat dies noch nicht zu der Einsicht geführt, daß die Voraussetzung für eine Einheitsfront die Einstellung des gehässigen und verleumderischen Bruderkampfes ist. Das Zentralkomitee der KPD hat sich noch in neuester Zeit ausdrücklich dazu bekannt, diesen Kampf hemmungslos fortzusetzen. In einer Erklärung vom 20. Juni 1932 sagt die kommunistische Parteizentrale:
>Die Kommunisten erklären dabei ganz offen, daß sie nicht daran denken, den Parteien, mit deren Hilfe und durch deren Politik der Faschismus zur Macht gelangte, einen Burgfrieden zu gewähren, wie es die SPD- und ADGB-Führer wünschen, weil sie um ihre Mandate zittern. Es gibt für die Kommunisten keinen Burgfrieden mit Verrätern und Feinden der Arbeiterklasse. <
Diese Erklärung ist unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Einheitsbestrebungen in der Arbeiterschaft von der höchsten Instanz der KPD abgegeben worden. Unter diesen Umständen sieht der Vorstand des ADGB für Einigungsversuche keine Erfolgsmöglichkeiten.
Die organisierten Arbeiter müssen jedem, der den Bruderkampf in ihren Reihen mit den bisherigen verwerflichen Mitteln in Wort und Tat fortsetzt, unzweideutig klarmachen, daß er den Todfeinden der deutschen Arbeiterschaft den Weg zum Siege bahnt.«



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net edition fes-library | Juni 2001