Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. -
[Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Zu Vorsitzenden der SPD-Reichstagsfraktion werden R. Breitscheid, O. Wels und W. Dittmann gewählt.
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
3. Juli 1928
H. Müller sagt in seiner Regierungserklärung, die Fundamente der deutschen Republik seien sicher und unerschütterlich. Er kündigt die Fortsetzung der bisherigen Außenpolitik an, fordert die Räumung des noch besetzten Gebietes, die allgemeine Abrüstung und eine Endlösung des Reparationsproblems.
Er verspricht den Ausbau des Staates in demokratischem Sinne und eine Wahlreform. Dem Mittelstand sagt er zu, daß eine durch die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht gebotene Ausdehnung der Betätigung der öffentlichen Hand angemessene Grenze zu setzen sei, das Handwerk solle tatkräftig gefördert werden. Die Wiederherstellung der Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe sei für die Gesundung der Wirtschaft notwendig. Maßnahmen zur Förderung der Bodenverbesserung und zur Hebung der technischen Grundlagen der landwirtschaftlichen Erzeugung werden angekündigt. Die Umwandlung der kurzfristigen Kredite in langfristige und eine Zinssenkung solle angestrebt, das Washingtoner Abkommen über den Achtstundentag ratifiziert, der Arbeitsschutz ausgebaut und die Wohnungsnot bekämpft werden.
Bis zur endgültigen Entscheidung über die Todesstrafe will die Reichsregierung bei den Landesregierungen anregen, das Begnadigungsrecht gegenüber Todesurteilen anzuwenden. Daraufhinfinden zweieinhalb Jahre in Deutschland keine Hinrichtungen statt; erst nach dem Rücktritt H. Müllers wird wieder eine vollzogen.
Von Anfang an ist die Reichsregierung mit schwierigen Finanzproblemen belastet. Im Reichshaushalt besteht bei Regierungsantritt ein erhebliches Defizit.