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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
30. Nov./ 6. Dez. 1919

Außerordentlicher Parteitag der USPD in Leipzig. 256 Delegierte.
Tagesordnung: Programm und Taktik der Partei (A. Crispien); unsere Stellung zur Internationale (R. Hilferding; W. Stoecker); die Gewerkschaftsbewegung (A. Henke; R. Dißmann).
In seiner Eröffnungsrede erklärt A. Crispien, eine Einigung zwischen der Partei der »Noskesozialisten« und dem klassenbewußten Proletariat sei unmöglich.
W. Dittmann berichtet, daß die Mitgliederzahl mehr als eine dreiviertel Million beträgt. Die USPD hat 55 Tageszeitungen. Zur Unterstützung der Redaktionen wurde ein Pressebüro errichtet, das die Redaktionen täglich mit Notizen, Artikeln und Parteinachrichten versieht. Für die weiblichen Mitglieder wurde »Die Kämpferin« gegründet, für die Jugend die »Freie Jugend« und ab 1. Oktober »Die Sozialistische Gemeinde« für die Kommunalpolitiker. In der Diskussion wird eine Einigung mit der SPD meistens abgelehnt.
Im Mittelpunkt des Parteitags stehen die Debatten um das Programm und die Taktik der Partei sowie die Stellung zur II. und zur Kommunistischen (III.) Internationale. Die geschichtliche Aufgabe der USPD sei es, der Arbeiterbewegung Inhalt, Ziel und Richtung zu geben und dem revolutionären Proletariat in seinem Kampf für den Sozialismus Führerin und Bannerträgerin zu sein. Die Partei bricht mit der II. Internationale. Nach heftigen Debatten lehnt der Parteitag mit 169 gegen 114 Stimmen die Resolution von W. Stoecker ab, in der die Parteileitung aufgefordert wird, den Anschluß an die III. Internationale durchzuführen, da die USPD mit den Grundsätzen der III. Internationale einverstanden sei. Er nimmt dagegen einen Kompromißantrag der Parteileitung mit 227 gegen 54 Stimmen an, nachdem das Zentralkomitee erst nach Verhandlungen den Zusammenschluß der USPD mit der III. Internationale herbeizuführen wünscht, da sie mit ihr darin übereinstimme, durch die Diktatur des Proletariats auf Grund des Rätesystems den Sozialismus zu verwirklichen.
Das Proletariat wird aufgefordert, die Judenhetze, die die Waffe der monarchistischen Reaktion geworden sei, auf das entschiedenste zu bekämpfen.
Der Parteitag fordert die Entlassung der deutschen Kriegsgefangenen in ihre Heimat. Er wendet sich gegen die Intervention der Entente-Staaten in Rußland und erklärt: Die Feinde Sowjetrußlands seien auch die Feinde des deutschen Proletariats.
Der Parteitag verabschiedet eine umfangreiche Resolution zur Sozialpolitik.
Die Parteiorganisationen sollen die Ortsgruppen der »Freien Sozialistischen Jugend Deutschlands« durch Beschaffung von Jugendheimen, durch finanzielle und moralische Unterstützung stärken, ohne daß eine parteipolitische Bindung verlangt oder parteitaktische Bevormundung versucht werde.
Zur Wahl der Parteileitung liegen von den zwei Richtungen in der Partei verschiedene Vorschläge vor. Die Gemäßigten schlagen als Vorsitzende A. Crispien und G. Ledebour, die Radikalen A. Crispien und E. Däumig vor. Bei der Abstimmung erhalten A. Crispien 268,
G. Ledebour 124 und E. Däumig 151 Stimmen, A. Crispien und E. Däumig sind damit gewählt. Bei der Wahl der Sekretäre schließt man einen Kompromiß: W. Dittmann (191), Luise Zietz (195), H. Radtke (175), W. Koenen (184) und W. Stoecker (188) werden wiedergewählt.
Bei der Wahl der Beisitzer und des Beirats fallen R. Lipinski, J. Simon und H. Fleißner durch. Beisitzer werden A. Hoffmann (198), F. Künstler (162), J. Moses (241), Anna Nemitz (252), K. Rosenfeld (191); Mitglieder des Beirats: O. Braß (195 ) J. Baier (143), P. Böttcher (154), R. Dißmann (144), A. Henke (142), J. Herzfeld (202), K. Kürbs (179); der Kontrollkommission: Lore Agnes (232), W. Bock (176), Ph. Fries (131), M. König (149), K. Ludwig (159), H. Remmele (135), R. Wengels (135).



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net edition fes-library | Juni 2001