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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
23. Okt. 1943

Die »Union« beschließt »Richtlinien für die internationale Politik«:
»Als internationale Sozialisten erstreben wir eine internationale Ordnung, die die Ursachen kriegerischer Konflikte beseitigt. Wir setzen uns für eine Föderation aller europäischen Völker zur Friedenssicherung ein, da die volle nationalstaatliche Souveränität nicht länger mit den wirtschaftlichen und politischen Existenzbedingungen in Europa vereinbar ist. Die Schaffung von Völkerföderationen ist nur dann eine Friedenssicherung, wenn sie sich einer internationalen Organisation ein- und unterordnen.
Die Außenpolitik deutscher Sozialisten nach dem Kriege muß in erster Linie der Eingliederung eines demokratischen Deutschlands in eine solche Ordnung dienen. Für den Erfolg einer solchen Politik ist es wesentlich, daß die Grundsätze der Atlantik-Charta in vollem Umfang auch auf ein demokratisches Deutschland Anwendung finden. Wir deutschen Sozialisten erkennen die realen Sicherheitsbedürfnisse der jetzt von den nationalsozialistischen und faschistischen Angreifern überfallenen und unterdrückten Völker an.

Friedenssicherungen können nur dann auf die Dauer wirksam sein, wenn sie eingebaut werden in ein wahrhaft internationales Sicherheitssystem, Dieses System muß eine starke Exekutivgewalt zur Niederhaltung von Angreifern mit weitgehenden Schiedsvollmachten zur friedlichen Beilegung von Konflikten vereinigen. Ein solches System der kollektiven Sicherheit wird auch den Frieden und die Sicherheit eines demokratischen Deutschlands gewährleisten.

Der erste Beitrag eines demokratischen Deutschlands zu diesem System wird die sofortige militärische Abrüstung Deutschlands sein. Wir sind überzeugt, daß die Vernichtung des deutschen Militärapparates nicht genügt. Wir sind entschlossen, die gesellschaftlichen Machtpositionen der wirtschaftlichen und politischen Träger des deutschen Militarismus durch die Enteignung der deutschen Kriegsindustrie und des Großgrundbesitzes und durch den demokratischen Neuaufbau des Verwaltungsapparates von Grund auf zu beseitigen.

Wir betrachten es als eine Ehrenpflicht des kommenden freien Deutschlands, an der Wiedergutmachung des Unrechts, das Hitlerdeutschland den Völkern zugefügt hat, und am Wiederaufbau Europas mit allen Kräften mitzuhelfen.

Eine unserer wesentlichen Aufgaben wird eine tiefgreifende Reform des deutschen Erziehungswesens sein, um die geistigen und sittlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer konsequenten Verständigungs- und Friedenspolitik der neuen deutschen Demokratie zu schaffen.

Die Gewinnung des deutschen Volkes für eine solche Politik hängt in hohem Maße davon ab, dem deutschen Volk Gelegenheit zu geben, in der Gestaltung seiner inneren politischen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten seiner eigenen Initiative zu folgen.
Vor allem müßte die Auferlegung von Bedingungen, die langandauernde Massenarbeitslosigkeit hervorrufen und eine wirksame Politik der sozialen Sicherheit unmöglich machen würde, verhängnisvolle Folgen für die innere Entwicklung Deutschlands haben.

Wir werden den innerpolitischen Kampf für eine solche Außenpolitik auch nach dem Sturz der Hitler-Diktatur gegen starke reaktionäre Kräfte zu führen haben. Wir hoffen, daß wir in diesem Kampf das Vertrauen und die aktive Unterstützung der Kräfte der internationalen Arbeiterbewegung, des Fortschrittes in allen Völkern finden werden.«


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net edition fes-library | Juni 2001