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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
23. Nov. 1935

Besprechung zwischen H. Vogel, F. Stampfer, W. Ulbricht und F. Dahlem in Prag.
H. Vogel erklärt dabei, daß die Sopade der Überzeugung sei, daß »die Einheit der sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiter eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Sturz des Faschismus ist. Selbst wenn Sozialdemokraten und Kommunisten zusammengehen, werden sie allein den Sturz nicht herbeiführen. Für diesen Sturz ist auch die Bildung eines gemeinsamen Willens aller Schichten des deutschen Volkes notwendig. Zwischen SPD und KPD besteht seit 17 Jahren ein ununterbrochener Kampf; immer ist dieser Kampf von Euch im Angriff, von uns in der Verteidigung geführt worden. Immer wurde von Euch die Parole der Einheitsfront als Mittel des Kampfes gegen die Sozialdemokratie benutzt. Gerade deshalb wurde von der großen Mehrheit unserer Partei die Einheitsparole abgelehnt. Diese neue Art der Einheitsfronttaktik darf keine neue Kriegslist sein. Sie erhält nur dann ihren wahren Sinn, wenn an Stelle des Konkurrenzkampfes der Arbeiterklasse ihre Solidarität zum obersten Prinzip erhoben wird.
Die Sozialdemokratie war und ist die Partei des demokratischen Sozialismus. Für sie ist die Demokratie nicht ein taktisches Mittel, sondern ein Prinzip und ein Ziel des Kampfes. Ihr habt Euch jetzt auf Eurem Kongreß, wie auf Eurer Reichskonferenz bereit erklärt zum >Kampf für die Verteidigung der Rechte der Demokratie< und >gegen die Beseitigung der Demokratie<. Was bedeutet das? Ihr würdet es wohl als Beleidigung betrachten, wenn wir Euch unterstellen würden, daß dies eine prinzipielle Wendung zur Demokratie überhaupt bedeuten soll. Dagegen sprechen auch die Beschlüsse des Kongresses, die ausdrücklich am Prinzip der Diktatur des Proletariats festhalten und sie erneut als Ziel Eures politischen Kampfes bezeichnen. Bleibt also nur die Annahme übrig, daß Eure Erklärung für die bürgerlich-demokratischen Freiheiten als taktisches Mittel und als die bestgeeignete Parole zur Herstellung der Einheitsfront gedacht ist. Nach der Rolle, die den Kommunisten in den Ländern mit sozialdemokratischen Regierungen oder Koalitionsregierungen, an denen Sozialdemokraten beteiligt sind, zukommen soll, ist das wohl anzunehmen: >Die Entlarvung der Sozialdemokraten< soll von neuem beginnen. Dagegen wollen und müssen wir uns sichern.
Es ist ein großer Irrtum, daß sozialdemokratische Organisationen und Funktionäre die Einheitsfront gefordert haben. Die Zweifel unserer Genossen in Eure Aufrichtigkeit werden auch von uns geteilt«.
Die KPD-Unterhändler drängen vor allem auf eine Vereinbarung über gemeinsame politische Schritte, zumindest aber auf die Herausgabe einer gemeinsamen Erklärung, wollen und können sich aber auf einen vollständigen gegenseitigen Nichtangriffspakt nicht festlegen lassen.
H. Vogel und F. Stampfer lehnen eine gemeinsame Erklärung und ihre Veröffentlichung ab, daß beide Parteispitzen aufgrund dieser Aussprache ihre Anhänger im Reiche auffordern, zur Betreibung verschiedener in der Erklärung aufgeführter Aufgaben sich zur gemeinsamen Arbeit zusammenzufinden.
Die »Revolutionären Sozialisten« erklären, der Kampf um die proletarische Einheit und der Zusammenschluß für die Verteidigung der Sowjetunion seien eins.
Die Miles-Gruppe »Neu Beginnen« begrüßt ebenfalls den neuen Kurs der Kommunisten, scheut sich aber auch, die Einheitsfront zu verwirklichen.



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net edition fes-library | Juni 2001