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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
31. Jan. 1933

R. Breitscheid erklärt in einer gemeinsamen Sitzung von SPD-Parteivorstand. Parteiausschuß und »Eiserner Front«: »Jetzt jubeln noch die Anhänger Hitlers darüber, weil ihr Führer scheinbar sein Ziel erreicht hat.
Es kann sein, daß dieser Jubel bald in Katzenjammer umschlagen wird, wenn die nationalsozialistische Gefolgschaft erst deutlich ersieht, in welche enge Verbindung und Abhängigkeit Hitler zu den Vertretern des Großkapitals und der Junker, zu allen Kräften des alten reaktionären Systems geraten ist.
Die Arbeiterschaft steht bereit, um den Abwehrkampf gegen alle reaktionären Bestrebungen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu führen. Unsere Opposition gegen das neue Kabinett ist eine Selbstverständlichkeit.
Die Frage wird aber an uns gestellt: Was tut ihr darüber hinaus, welche Aktionen wollt ihr einleiten, zu welchem Ziele sollen sie führen? Die Sozialdemokratie hat die Antwort auf diese Fragen mit der Erklärung gegeben, die durch die Presse als Aufruf verbreitet worden ist.
Wir wiederholen, daß wir uns die Taktik nicht von unserem Gegner vorschreiben lassen, sondern selber darüber bestimmen werden, wann und wie wir unsere Kräfte einzusetzen haben. Wir alle haben den Wunsch, in diesem Kampfe in einem guten Verhältnis zu den kommunistischen Arbeitern zu stehen. Der Kampf der Arbeiterklasse gegen den Faschismus ist in einen neuen Abschnitt getreten. Unser aller Wunsch wäre, daß damit auch ein neuer Abschnitt in unserem Verhältnis zur Kommunistischen Partei beginnen könnte. Ob das möglich ist, hängt jedoch vom Verhalten der Kommunisten ab.
Bei alledem muß die Arbeiterschaft sich dessen bewußt sein, daß wir nunmehr in eine Phase des Klassenkampfes in seiner reinsten Form eingetreten sind. Wenn die jetzige Karte in dem Spiel der Reaktion nicht sticht, dann kann nichts anderes kommen als eine Situation, in der die Arbeiterschaft das entscheidende Wort spricht. Für diese Entscheidungsstunde gilt es, die Kräfte des arbeitenden Volkes zu sammeln, damit sie in geschlossener Front in allen uns bevorstehenden Kämpfen eingesetzt werden können.«
Die Vertreter des ADGB und des AfA-Bundes, P. Graßmam und W. Stähr, erklären sich ausdrücklich solidarisch mit allen Maßnahmen, die in der nächsten Zeit zu ergreifen wären. »Wenn ihr ruft, sind wir da.« Die Vertreter der Sportorganisationen, F. Wildling, und des Reichsbanners, K. Höltermann, bekunden gleichfalls erneut ihren Willen, entschlossen zur Eisernen Front zu stehen.

Auf der Bundesausschußsitzung des ADGB erklärt Th. Leipart:
»Organisation - nicht Demonstration, das ist die Parole der Stunde. Die Gewerkschaften haben Jahrzehnte hindurch in diesem Geiste gehandelt. Sie werden dieser Losung durch verstärkte Werbetätigkeit auch in der kommenden Zeit treu bleiben.«
P. Graßmann ergänzt den Bericht Th. Leiparts durch Ausführungen über die verschiedenen Möglichkeiten der politischen Entwicklung. Alles komme auf die Geschlossenheit der Organisationen, auf die Erhaltung und den Ausbau einer einheitlichen Front der Arbeiterschaft in ihren Gewerkschaften an. Dieser Gedanke sei auch bestimmend für die Haltung der Gewerkschaften gegenüber jeder Partei, die sich etwa das Recht zur Führung gewerkschaftlicher Aktionen anmaßen sollte.



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net edition fes-library | Juni 2001