Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. -
[Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Im Bericht des Parteivorstandes an den Parteitag wird das abgelaufene Geschäftsjahr als ein Jahr der wirtschaftlichen Krise und der politischen Reaktion bezeichnet. Die Bestimmungen des Vereins- und Versammlungsrechtes seien trotz aller Auseinandersetzungen im Reichstage noch schlimmer mißachtet worden als in den vorausgegangenen Jahren. Dem Koalitionsrecht seien Fesseln angelegt worden, für die es gesetzliche Handhaben nicht gebe. Durch Polizeiverordnungen sei das Streikpostenstehen vielerorts unmöglich. Der Sozialdemokratie solle der jugendliche Zufluß abgesperrt werden durch die brutale Unterdrückung der proletarischen Jugendbewegung. Die Zahl der Parteimitglieder beträgt 1 085 905, davon 174754 weibliche. Bei diesen Zahlen sind die während der »Roten Woche« geworbenen Mitglieder erst zum Teil berücksichtigt. Die Zahl der Bildungsausschüsse beträgt 854, die der Jugendausschüsse 837. Für alle 38 Agitationsbezirke bestehen Bezirksleitungen. Die Ausschüsse zählen 19 107 Mitglieder. In 252 Orten arbeiten Kinderschutzkommissionen. Der »Vorwärts« hat 161 000, »Die Neue Zeit« 10 600, »Die Gleichheit« 125 000, die »Arbeiter-Jugend« 102 726, »Der Wahre Jacob« 366 000, die »Kommunale Praxis« 3574 und die 14täglich erscheinende »Sozialdemokratische Parteikorrespondenz« 5500 Abonnenten, die Parteipresse insgesamt 1 488 345. Täglich erscheinen 91 Parteizeitungen. Die Partei besitzt 65 Druckereien. Die Sozialdemokratie ist in den Landtagen vertreten mit 30 Abgeordneten in Bayern, 25 in Sachsen, 20 in Hamburg, 17 in Württemberg, 16 in Bremen, 13 in Baden, 13 in Lübeck, 11 in Oldenburg, 11 in Elsaß-Lothringen, 10 in Preußen, 9 in Sachsen-Meiningen, 9 in Schwarzburg-Rudolstadt, 8 in Gotha, 8 in Hessen, 7 in Sachsen-Altenburg, 4 in Sachsen-Weimar, 3 in Reuß ältere Linie, 2 in Reuß jüngere Linie, 1 in Anhalt, 1 in Schaumburg-Lippe, 1 in Lippe, 1 in Schwarzburg-Sondershausen. Das sind zusammen 220 Abgeordnete. Die Sozialdemokratie stellt 11 880 Stadt- und Gemeindevertreter. Der Bildungsausschuß teilt mit, daß in 215 Orten 357 Vortragskurse mit 2152 Vorträgen und 60 450 Teilnehmern gehalten wurden, 675 künstlerische Veranstaltungen mit 302 306 Besuchern, 769 Theaterabende und Volksvorstellungen mit 604 405 Besuchern, davon 38 Kindervorstellungen mit 25 465 Besuchern, stattfanden. 49 Gesellschaftsreisen für Arbeiter wurden unternommen. Von Wanderrednern, darunter H. Duncker, J. Borchardt, 0. Rühle, P. Lensch, wurden 882 Kurse mit 4795 Vorträgen und 137 120 Besuchern durchgeführt. In 748 Orten gibt es 1147 Arbeiterbibliotheken, davon sind 591 Zentralbibliotheken, 556 gehören einzelnen Organisationen. Der Bücherbestand beläuft sich auf 833 857 Bücher. Für die Arbeiterbibliotheken wurden im Jahre 1913 284 357,97 Mark ausgegeben.
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
31. März 1914