Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. -
[Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Parteitag in Mannheim. 313 Delegierte. Tagesordnung: Der politische Massenstreik (A. Bebel und C. Legien); Maifeier (R. Fischer); Sozialdemokratie und Volkserziehung (Clara Zetkin und H. Schulz); Strafrecht, Strafprozeß und Strafvollzug (H. Haase). Der Parteitag bestätigt den Beschluß von Jena und stellt fest, daß der Beschluß des Kölner Gewerkschaftskongresses dazu nicht in Widerspruch stehe. Sobald der Parteivorstand die Notwendigkeit eines politischen Massenstreiks für gegeben erachte, habe derselbe sich mit der Generalkommission in Verbindung zu setzen und alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um die Aktion erfolgreich durchzuführen. Beide Organisationen seien in ihren Kämpfen auf gegenseitige Verständigung und auf Zusammenwirken angewiesen. Darum sollten sich die Leitungen beider Organisationen bei Aktionen, die die Interessen von Partei und Gewerkschaften gleichmäßig berühren, über ein einheitliches Vorgehen verständigen. (»Mannheimer Abkommen«.) Der Parteitag beschließt, einen Bildungsausschuß einzusetzen, dem alle zum Problem der Volkserziehung vorliegenden Anträge zur weiteren Diskussion überwiesen werden. Die Parteigenossen werden aufgefordert, überall dort, wo es vereinsgesetzlich möglich sei, die Gründung und Weiterentwicklung von Jugendorganisationen zu fördern. Die SPD fordert den Eintritt der Strafmündigkeit frühestens mit dem vollendeten 16. Lebensjahr; Aufhebung der Ausnahmegesetze gegen Landarbeiter und Gesinde; Abschaffung der Todesstrafe; Beseitigung aller Mindeststrafmaße; weitgehende Zulassung der bedingten Verurteilung; mildere Bestrafung der Eigentumsvergehen; Einführung besonderer Jugendgerichte und Jugendstrafanstalten; Beseitigung des Anklagemonopols der Staatsanwaltschaft. Bei 350 gültigen Stimmen werden gewählt: A. Bebel (350), P. Singer (349), A. Gerisch (350), F. Ebert (344), I. Auer (343), H. Molkenbuhr (342), W. Pfannkuch (329), H. Müller (248); als Kontrolleure: bei 342 gültigen Stimmen: W. Bock (317), A. Kaden (316), Clara Zetkin (284), F.J. Ehrhart (273), F. Brühne (271), E. Ernst (259), H. Koenen (257), A. Geck (194), 0. Braun (128). W. Eberhardt und R. Wengels bleiben Beisitzer.
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
23./29. Sept. 1906