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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
22./27. Mai 1905

5. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands in Köln. 208 Delegierte vertreten rund 1,2 Millionen - darunter 70 000 weibliche Organisierte in 64 Zentralverbänden. Tagesordnung: Die Stellung der Gewerkschaften zum Generalstreik (Th. Bömelburg); die Gewerkschaften und die Maifeier (R. Schmidt); Gewerkschaften und Genossenschaften (A. v. Elm); die gesetzliche Vertretung der Arbeiterschaft in Arbeitskammern oder Arbeiterkammern (P. Umbreit und 0. Hue).

Verhandlungen zwischen dem Vorstand der sozialdemokratischen Partei und der Generalkommission über die Art der Maifeier werden gewünscht. Über die vorliegenden Anträge, unter anderem die Maifeier auf den Abend des 1. Mai zu legen, sind die Meinungen geteilt; es wird nicht abgestimmt.

Im Mittelpunkt der Beratungen steht das Massenstreikproblem.

Der Kongreß hält alle Versuche, durch die Propagierung des politischen Massenstreiks eine bestimmte Taktik festlegen zu wollen, für verwerflich. Er empfiehlt der organisierten Arbeiterschaft, solchen Versuchen energisch entgegenzutreten. Th. Bömelburg erklärt, für die deutschen Gewerkschaften sei es im Augenblick viel wichtiger, die Organisation weiter auszubauen.

Die Aufgaben der Gewerkschaftskartelle, die die gemeinsamen gewerkschaftlichen Interessen ihres Ortes zu vertreten haben, werden festgelegt. Die selbständige Anwendung der gewerkschaftlichen Kampfmittel (Streik, Boykott) wird ihnen entzogen. Für Heimarbeiter wird die Einbeziehung in die Sozialversicherung gefordert.

Der Kongreß lehnt erneut einen gemeinsamen Streikfonds ab, weil ein Streik im allgemeinen nicht Sache der Allgemeinheit, sondern der betreffenden Organisation sei und diese deshalb auch die Mittel dafür zu beschaffen habe.

Die Gewerkschaften erblicken in der Organisation des Konsums durch Genossenschaften ein Mittel zur Erhöhung der Lebenshaltung und der genossenschaftlichen Erziehung des Volkes und empfehlen, daß die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen die Genossenschaftsbewegung in Deutschland auf das tatkräftigste unterstützen. Zur Debatte steht auch die gesetzliche Vertretung der Arbeiterschaft in Arbeitskammern oder Arbeiterkammern. Die Mehrheit der Delegierten entscheidet sich für das letztere.

Als Mitglieder der Generalkommission werden die 1902 gewählten bestätigt. Die Kommission wird um 0. Schumann und A Drunsel erweitert.

Nach diesem Kongreß kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Partei- und Gewerkschaftsmitgliedern über das Problem des politischen Massenstreiks und über das Verhältnis von Partei und Gewerkschaften.


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net edition fes-library | Juni 2001