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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
14./20. Aug. 1904

Internationaler Sozialistischer Kongreß in Amsterdam. 476 Delegierte aus 24 Ländern. Zum ersten Mal erscheint ein Delegierter aus Japan. Tagesordnung: Internationale Regeln der sozialistischen Politik, Resolution über die Taktik der Partei (E. Vandervelde); Kolonialpolitik (H. v. Kol); Generalstreik (Henriette Roland-Holst); Trusts und Arbeitslosigkeit; Sozialpolitik und Arbeiterversicherung (H. Molkenbuhr). Im Mittelpunkt der Beratungen steht die Frage der Taktik der sozialistischen Parteien. Die französischen Marxisten unter J. Guesde fordern den Kongreß auf, die »Dresdner Resolution« auch für die Internationale anzuerkennen. In einem packenden Rededuell zwischen J. Jaures und A. Bebel weist der französische Sozialistenführer die deutschen Sozialdemokraten darauf hin, daß die Größe und der Glanz der Partei in einem beängstigenden Gegensatz zu ihrer politischen Ohnmacht stünde. Die »Dresdner Resolution« wird mit 25 gegen fünf Stimmen bei zwölf Enthaltungen angenommen.

Der Kongreß bekräftigt, daß für jedes Land die »Einheitlichkeit der Partei auf Grund der von den internationalen Kongressen bestimmten Prinzipien unerläßlich für den Kampf des Proletariats gegen den Kapitalismus ist«.

Der Kongreß erklärt den absoluten Generalstreik als undurchführbar. Der politische Massenstreik wird unter bestimmten Bedingungen als äußerstes Mittel, um bedeutende gesellschaftliche Veränderungen durchzuführen oder sich reaktionären Anschlägen auf die Rechte der Arbeiter zu widersetzen, für möglich erachtet.

In der Resolution zur Kolonialfrage werden die sozialistischen Parteien verpflichtet, jeden Gesetzentwurf imperialistischen oder protektionistischen Charakters zu verwerfen und sich jedem kolonialen Eroberungskrieg und jeder militärischen Ausgabe für Kolonien zu widersetzen. Von den Regierungen seien Schutzmaßnahmen für die Eingeborenen zu verlangen. Das Schwergewicht jeder Kolonialreform sei die Selbstverwaltung der Völker in den Kolonien, die schrittweise anzustreben sei.

Die sozialistischen Parteien müssen mit Nachdruck das Frauenwahlrecht verlangen.

Die Arbeiter aller Länder haben Einrichtungen zu fordern, durch welche Krankheit, Unfälle und Invalidität möglichst verhindert werden und durch obligatorische Versicherungsgesetze ihnen ein Rechtsanspruch auf ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt und zur ärztlichen Hilfe gewährt wird. Die Kosten der Versicherung sind in erster Linie durch direkte Steuern vom Vermögen, Einkommen und Erbschaft progressiv zu tragen. Die Arbeiter müssen fordern, daß diese Versicherungseinrichtungen unter die Selbstverwaltung der Versicherten gestellt und daß für einheimische und ausländische Arbeiter aller Nationen dieselben Bestimmungen getroffen werden.


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net edition fes-library | Juni 2001