Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. -
[Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
4. Kongreß der Gewerkschaften in Deutschland in Stuttgart. 156 Delegierte vertreten 58 Verbände mit über 680 000 organisierten Arbeitern. Tagesordnung: Submissionswesen (Streikklausel) (F. Paeplow); die Hausindustrie (F. Käming); Arbeitslosenstatistik und Arbeitslosenversicherung (A. v. Elm); das Koalitionsrecht der Eisenbahner (K. Wirth); die Anwendung der Erpressungsparagraphen gegen Gewerkschaftsagitatoren (A. Massini); der Zolltarif; die Stellung der Berufsorganisationen zu den Industrieverbänden. Zum ersten Mal sind offizielle Behördenvertreter anwesend. Der Kongreß verabschiedet eine Resolution gegen die geplante Zollerhöhung für Lebensmittel. In Berlin soll ein Zentralarbeitersekretariat errichtet werden. Es soll Gewerkschaftsmitglieder vor dem Reichsversicherungsamt vertreten. Der Sitz der Generalkommission wird von Hamburg nach Berlin verlegt. Der Kongreß spricht sich für ein Verbot der Hausindustrie aus. Er fordert das Koalitionsrecht für die Eisenbahner und die landwirtschaftlichen Arbeiter und die Einführung einer Arbeitslosenversicherung mit Reichszuschüssen unter Selbstverwaltung der Arbeiter. Im Schlußwort erklärt Th. Bömelburg, Vorsitzender der Maurergewerkschaft: »Die deutsche Gewerkschaftsbewegung und die deutsche Sozialdemokratie sind eins. Zwei Wege gibt es hier nicht. Die deutschen Gewerkschaften werden niemals ablassen von der Forderung einer grundsätzlichen Umgestaltung der Verhältnisse, weil sie wissen, daß sonst eine endgültige Lösung der sozialen Frage nicht möglich ist.« Zu Mitgliedern der Generalkommission werden gewählt: C. Legien, G. Sabath, R. Schmidt, A. Knoll, E. Döblin, A. Cohen, H. Kube, J. Sassenbach und H. Silberschmidt. Im Anschluß an den Kongreß findet eine Konferenz der internationalen Landessekretäre statt, auf der feste Regeln für den internationalen Verkehr festgelegt werden: Die Beitragszahlung für die geschaffene Internationale Zentralstelle wird geregelt. Internationale Gewerkschaftskongresse sollen nicht abgehalten werden, nur regelmäßig jährliche Berichte über Gewerkschaftsbewegungen und die Arbeiterschutzgesetzgebung der Zentralstelle übermittelt und von dieser den 20 Landeszentralen weitergeleitet werden. Bis 1914 finden noch sechs derartige Konferenzen statt: 1903 in Dublin, 1905 in Amsterdam, 1907 in Oslo, 1909 in Paris, 1911 in Budapest, 1913 in Zürich.
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
16./21. Juni 1902