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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
23./27. Sept. 1900

5. Internationaler Sozialistenkongreß in Paris. Anwesend sind 791 Delegierte - 57 Deutsche - aus 21 Ländern. Tagesordnung u. a.: Ausführung der Beschlüsse der Internationalen Kongresse; Aufsuchung und Anwendung praktischer Methoden für die internationale Verständigung (H. v. Kol); Internationale Gesetzgebung behufs Begrenzung der Arbeitszeit, Diskussion über die Möglichkeit eines Minimallohnes in den verschiedenen Ländern (E. Wurm); Notwendige Bedingungen für die Befreiung der Arbeit: a) Organisation und Betätigung des Proletariats als Klassenpartei; b) politische und wirtschaftliche Enteignung der Bourgeoisie; c) Vergesellschaftung der Produktionsmittel (W. Ellenbogen); die Eroberung der staatlichen Macht und die Bündnisse mit bürgerlichen Parteien (E. Vanderfelde); der Völkerfriede, der Militarismus, die Beseitigung der stehenden Heere (Rosa Luxemburg); die Kolonialpolitik. Der Kongreß beschließt, ein Internationales Sozialistisches Büro (ISB) zu schaffen. Das Büro und sein Sekretariat sollen die Beschlüsse der Kongresse veröffentlichen, die Berichte der nationalen Organisationen sammeln, Rechenschaftsberichte über die Tätigkeit der Internationale abfassen, die laufenden Kongresse vorbereiten und Manifeste zu wichtigen Fragen herausgeben. In das Büro werden je zwei Vertreter der nationalen Delegationen gewählt. Zum Vorsitzenden des Büros wird E. Vandervelde, zum Sekretär C. Huysmans gewählt. Sitz des Büros wird Brüssel.

Gleichzeitig wird beschlossen, ein Interparlamentarisches Komitee aus Vertretern der sozialistischen Parlamentsfraktionen zu bilden, das einheitliche parlamentarische Aktionen gegen Militarismus und Krieg organisieren und in allen Parlamenten für den Schutz der Rechte der Arbeiter eintreten soll.

Zu heftigen Auseinandersetzungen kommt es über die Frage der »Eroberung der staatlichen Macht und die Bündnisse mit bürgerlichen Parteien«, nach dem »Fall Millerand«. Der Kongreß nimmt eine Resolution K. Kautskys gegen die Stimmen von französischen und italienischen Sozialisten an, daß die Beteiligung eines Sozialisten an einer bürgerlichen Regierung keine prinzipielle, sondern eine taktische Frage sei, über die in jedem einzelnen Falle die Partei entscheiden müsse.

Der Kolonialismus wird verurteilt. Den sozialistischen Parteien wird empfohlen, die Kolonialfrage zu studieren und die Gründung sozialistischer Parteien in den Kolonien zu fördern. Bemühungen um die Abschaffung stehender Heere, die Schaffung von internationalen Gerichten und die Übertragung des Rechtes der Entscheidung über Krieg und Frieden unmittelbar an die Völker werden gefordert. Der Kongreß weist auf die wachsende Gefahr eines Weltkrieges hin.

Die Trusts werden als eine neue Stufe der Entwicklung der Produktion bezeichnet. Ihre Entwicklung schaffe die materiellen Voraussetzungen für eine Vergesellschaftung der Produktion.


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net edition fes-library | Juni 2001