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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
17./21. Sept.1900

Parteitag in Mainz. 198 Delegierte. Tagesordnung: Organisation der Partei (I. Auer); Maifeier (Th. Metzner); die Weltpolitik (P. Singer); die Verkehrs- und Handelspolitik (R. Calwer); Taktik der Partei bei den Landtagswahlen (A. Bebel).

Die Parteigenossen werden verpflichtet, in den deutschen Staaten, in denen das Dreiklassenwahlrecht besteht, sich mit eigenen Wahlmännern an den Wahlen zu beteiligen. Für die Landtagswahlen in Preußen bildet der Parteivorstand das Zentral-Wahlkomitee.

Der Parteitag diskutiert die Weltpolitik. Er wendet sich scharf gegen die Kolonialpolitik und tritt für die Rechte, die Freiheit und die Unabhängigkeit aller Völkerschaften ein.

Die deutsch-chinesische Kriegspolitik, für welche die deutsche Regierung die Verantwortung übernommen hat, beruhe auf der allgemeinen Profitwut der Bourgeoisie, auf militärischer Ruhmsucht und der chauvinistischen Leidenschaft, ein »größeres Deutschland« zu schaffen. Die ohne Befragung des Reichstages vorgenommenen Truppenentsendungen nach China werden als verfassungswidrig bezeichnet.

Der Parteitag erklärt sich in Übereinstimmung mit den organisierten englischen Arbeitern gegen den Raubkrieg des englischen Kapitalismus, der zur gewaltsamen Unterdrückung der Transvaal-Republik geführt habe.

Für eine einheitliche Verkehrs- und Handelspolitik nimmt der Parteitag eine Resolution an.

Nach der Aufhebung des Verbindungsverbotes wird ein neues Organisationsstatut verabschiedet. Das Vertrauensmännersystem wird beibehalten, doch soll der Vertrauensmann auch in den Versammlungen der sozialdemokratischen Vereine statt wie bisher in öffentlichen Versammlungen gewählt werden können. Der Vorsitzende des sozialdemokratischen Vereins kann Vertrauensmann sein.

Die Kontrolleure werden formell vom Parteivorstand getrennt und eine neunköpfige Kontrollkommission gebildet. Zwei weitere Beisitzer im Parteivorstand werden von der Kontrollkommission gewählt. Ein Schiedsgericht entscheidet über Ausschlüsse; es soll aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, je zur Hälfte aus Antragstellern und Betroffenen. Den Vorsitzenden bestimmt der Parteivorstand, der das Schiedsgericht auch beruft.

Der Parteivorstand wird bestätigt. Bei 221 gültigen Stimmen erhalten: A. Bebel (220), P. Singer (220), I. Auer (220), W. Pfannkuch (220), A. Gerisch (220). Beisitzer werden E. Ernst und W. Eberhardt. Zu Mitgliedern der Kontrollkommission werden bei 216 gültigen Stimmen gewählt: H. Meister (204), A. Kaden (184), Th. Metzner (171), F. Brühne (169), Clara Zetkin (164), F. J. Ehrhardt (157), H. Koenen (130), B. Kramer (96), E. David (91).

Die Auflage des »Vorwärts« beträgt 52 000 Exemplare.


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net edition fes-library | Juni 2001