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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
1. Januar 1916

In seinem "Rückblick auf das 1915" schreibt das "Correspondenzblatt": "Die Friedensinterpellation der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstag, wie auch ihre Beantwortung durch den Reichskanzler haben keinerlei Zweifel daran gelassen, daß nicht Deutschland an der Verzögerung des Friedens die Schuld trägt. Im Gegenteil sind es die uns befehdenden alliierten Mächte, die sich an den Gedanken des Friedens jetzt noch nicht gewöhnen können, sondern einen solchen erst hinter der Verwirklichung von Kriegszielen suchen, die nichts Geringeres als die Zerschmetterung und Aufteilung Deutschlands erstreben. ...
Wenn es der Produktion so überraschend schnell gelang, sich auf den Kriegsfuß einzustellen, so ist dieses günstige Ergebnis zum nicht geringsten Teil der großen Einigkeit zwischen Industrie, Gewerbe, Angestellten- und Arbeiterschaft geschuldet. ... Außerordentliche Kriegsgewinne in den Rüstungsindustrien rechtfertigen auch für die Arbeiterschaft Lohnzuschläge und die wachsende Teuerung macht das Streben nach Teuerungszulagen für die auf knappen Lohn angewiesenen Arbeiter begreiflich."
Zur finanziellen Lage heißt es im "Correspondenzblatt": "Der Krieg macht immer nur wenige reicher und viele ärmer, und auch im gegenwärtigen Kriege sind Besitzverschiebungen eingetreten. Gewisse Kreise haben sich enorm bereichert und weite Volksschichten sind verarmt. ...
Schon im Mai vorigen Jahres forderten wir eine Umsteuerung unserer Finanzwirtschaft, die rechtzeitig für Deckung der Kriegsanleihen in Steuern, die den Besitz belasten, vor allem aber durch Verstaatlichung gewinnbringender Erwerbsquellen sorgt. Neben der Vermögenszuwachs- und der Erbschaftssteuer, deren Ertrag vervielfacht werden müßte, sollten die Kriegsgewinne kräftig herangezogen werden, und das Reich sollte die großen Erdschätze in Metallen, Kohlen, Salzen und Quellen, die Wasserkräfte und Elektrizitätserzeugung verstaatlichen und die Rüstungsindustrien der privaten Ausbeutung entziehen."

Oppositionelle Sozialdemokraten um Rosa Luxemburg und K. Liebknecht beschließen, sich den Namen "Gruppe Internationale" zu geben und ein Mitteilungsblatt "Politische Briefe" herauszugeben, das mit dem Namen "Spartacus" unterzeichnet wird. Die beschlossenen Leitsätze werden als eine Anwendung des Erfurter Programms auf die gegenwärtigen Probleme des internationalen Sozialismus bezeichnet.

In einer Dienstordnung der preußisch-hessischen Staatsbahnen wird das Verbot der Mitgliedschaft in sozialdemokratischen Vereinen und das Lesen sozialdemokratischer Zeitungen aufgehoben.
Gleichzeitig wird festgelegt, daß Arbeiter Vereinen oder Verbänden, die die Arbeitseinstellung als zulässiges Kampfmittel erachten oder unterstützen, nicht angehören darf.
Auch außerhalb des Dienstes hat der Arbeiter sich achtbar und ehrenhaft zu führen und von der Teilnahme an ordnungsfeindlichen Bestrebungen, Vereinen und Versammlungen fernzuhalten.



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