Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Der Verbandstag des Fabrikarbeiterverbandes in Dresden stellt fest: "Im modernen Großbetrieb werden die Arbeiter ohne Rücksicht auf Geschlecht, Alter, Fähigkeiten, Vorbildung und Beruf dem Produktionsprozeß einverleibt, von einem Willen regiert, von einem Kapital ausgebeutet und unterdrückt.
Stichtag:
4./10. August 1912
Dieser einheitlichen Ausbeutung und Unterdrückung muß die einheitliche Organisation der Arbeiter gegenübergestellt werden. Der Verdrängung des Berufsarbeiters durch den Industriearbeiter muß die Umwandlung der Berufsorganisationen in Industrieverbände folgen: die gewerkschaftliche Entwickelung muß zu großen, leistungsfähigen Industrieverbänden führen. ...
Die natürliche Grundlage, die logische Einheit des Industrieverbandes bildet vielmehr die Zusammenfassung der Arbeiter eines Betriebes: die Betriebsorganisation muß die Grundlage der Industrieverbände bilden.
Wenn alle in einem Betriebe beschäftigten Arbeiter, ohne Rücksicht auf Geschlecht und Beruf, in einer Organisation vereinigt, zu gegenseitiger Solidarität erzogen, zu gemeinsamem Handeln verpflichtet werden, wird es noch besser als seither gelingen, der wachsenden Macht des Kapitals Grenzen zu setzen, den Einfluß der Arbeiter zu mehren, dem kulturellen Aufstieg der Arbeiter die Wege zu ebnen."
Aus diesen Erwägungen heraus beauftragt der Verbandstag "seine Vertreter, auf den gewerkschaftlichen Konferenzen und Kongressen und bei Abschluß von Kartellverträgen im Sinne dieser Resolution zu wirken, insbesondere die Einführung der Betriebsorganisation im Verbandsgebiet - dessen Grenzen im Statut festgelegt sind - anzustreben".
Für die Funktionäre des Verbandes wird eine Unfallversicherung für alle bei ihrer Verbandstätigkeit eintretenden Unfälle eingeführt.
Die Verpflichtung für die Verbandskasse, die aus Anlaß der Arbeitsruhe am 1. Mai Ausgesperrten nach dem Streikreglement zu unterstützen, wird gestrichen. Für die Beschlußfassung der Verbandsmitglieder über die Teilnahme an der Arbeitsruhe am 1. Mai müssen 2/3 der Beschäftigen mindestens 1/4 Jahr organisiert sein, die Beschlußfassung muß mit 3/4 Majorität erfolgen in einer Betriebsversammlung, wo 2/3 der Beschäftigten anwesend sind.
Für die Verbandsfunktionäre wird ein Angestellten-Regulativ verabschiedet, das neben einer spezifizierten Gehaltsskala festlegt, daß die Angestellten der Zahlstellen und des Hauptvorstandes, Redakteur, Gauleiter und Bureauangestellte nach einjähriger Dienstzeit zwei Wochen, nach einer Dienstzeit von über fünf Jahren drei Wochen Ferien erhalten.
Vorstand und Zahlstellen haben das Recht, falls die Gesundheit eines Angestellten es erfordert, den Erholungsurlaub auf längere Zeit auszudehnen.
Die Beiträge für die Privatbeamtenversicherung werden für die Mitglieder des Vorstandes, Redakteure, Sekretäre Agitationsleiter, Gauleiter und Bureauangestellte von der Verbandskasse getragen.
In Krankheitsfällen wird das Gehalt auf die Dauer von 3 Monaten gezahlt.