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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
12./17. Juni 1905

Die Generalversammlung des Metallarbeiterverbandes in Leipzig erklärt: "Das Prämien-Lohnsystem ist eines der raffiniertesten Mittel zur Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft. Es setzt den Unternehmer in den Stand, den Arbeiter unter dem Schein höherer Bezahlung anzuspornen, anhaltend seine Kräfte bis zur äußersten Erschöpfung anzustrengen ohne Rücksicht darauf, daß er sich dadurch früh ruiniert. Ferner entfesselt es alle selbstsüchtigen Leidenschaften, führt dadurch zu schwerer moralischer Schädigung der Arbeiterschaft und beeinträchtigt den Einfluß der Organisation auf die Besserung der Arbeitsverhältnisse.
Aus diesen Gründen liegt es nicht im Interesse der Arbeiter, der Weiterverbreitung dieses Systems Vorschub zu leisten, zumal die Erfahrungen gezeigt haben, daß es von den Unternehmern in der Hauptsache auch dazu benutzt wird, einen Maßstab zu gewinnen zur weiteren Herabsetzung der Akkordpreise oder zur Erhöhung des Arbeitspensums bei Lohnarbeit.
Die Generalversammlung erklärt sich deswegen grundsätzlich gegen das Prämien-Lohnsystem, hält es jedoch nicht für angebracht, den Verband auf eine in allen Fällen zu befolgende Taktik festzulegen, will diese vielmehr in jedem einzelnen Fall den maßgebenden Verbandsinstanzen zur Entscheidung überlassen."
Verwaltungen mit über 3.000 Mitgliedern haben vor größeren Streiks eine Verständigung mit dem Hauptvorstand herbeizuführen.
Der Verband gewährt Hinterbliebenen ein Sterbegeld.
Die Generalversammlung beschließt mit 94 gegen 64 Stimmen: "In allen Betrieben, wo dreifünftel der dort beschäftigten Arbeiter vollberechtigte Mitglieder des D.M.V: sind, sind dieselben verpflichtet durch geheime Abstimmung einen Beschluß über die Arbeitsruhe am 1. Mai herbeizuführen. Entscheidet sich die Majorität für Arbeitsruhe, so hat sich die Minorität diesem Beschluß zu fügen. Der Ortsverwaltung ist spätestens 10 Tage vor dem 1. Mai von dem Beschluß Kenntnis zu geben.
Eine Beschlußfassung über die Arbeitsruhe am 1. Mai darf nur in Betriebsversammlungen erfolgen.
Aussperrung, Maßregelung und Entlassung wegen der Arbeitsruhe am 1. Mai dürfen mit Forderungen unsererseits nicht beantwortet werden.
Bei Aussperrung, Maßregelung und Entlassung wegen der Arbeitsruhe am 1. Mai tritt für die Betroffenen, soweit sie vollberechtigte Mitglieder sind, die Maßregelungsunterstützung auf die Dauer von längstens 13 Wochen in Kraft, die vom 2. Mai ab gezahlt wird.



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