Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Das "Correspondenzblatt" schreibt zu der zum Teil heftigen Kritik am Abbruch des Bergarbeiterstreiks, daß die Steikenden unleugbare Erfolge erzielt haben. Sie haben die Notwendigkeit eines gesetzlichen Bergarbeiterschutzes nachgewiesen. Und sie haben den rücksichtslosen Herrenstandpunkt der Arbeitgeber in seiner ganzen abschreckenden Widerlichkeit an den Pranger gestellt. Die gewerkschaftliche Organisation, die das Grubenkapital nicht anerkennen will, die die Kapitalistenpresse als Organisation des gewaltsamen Umsturzes denunzierte, hat sich in demselben Moment als Hort der Gesetzlichkeit und öffentlichen Sicherheit erwiesen, in dem der Bergbauliche Verein an die Waffengewalt appellierte, um einen Bürgerkrieg anzufachen. Sie war vom ersten bis zum letzten Augenblicke des Kampfes ernstlich um den Frieden und die öffentliche Wohlfahrt bemüht, die von der Organisation der Zechenherren zurückgewiesen, verhöhnt und mit Füßen getreten wurden. Die entrechteten, verfolgten, von Staatsanwalt und Polizei regalierten Gewerkschaften, deren Koalitionsrecht jeder Willkür preisgegeben, deren zivilrechtliche Lage jeglichen Schutzes entbehrt, haben sich aufs Neue als Organe der allgemeinen Wohlfahrt, als staatserhaltend im wirklichen Sinne bewährt, während der Umsturz, der Terrorismus und die Mißachtung des Gemeinwohls auf Seiten der Koalition der Zechenherren wahre Orgien feierten.
Stichtag:
18. Februar 1905
Auch die Frage des politischen Massenstreiks wird durch den Bergarbeiterstreik in neue Bedeutung gerückt, insofern sich schon an diesem bescheidensten Beispiel eines solchen zeigt, welche ungeheueren Opfer ein allgemeiner Massenstreik erfordern würde und wie wenig die gesamte Organisation der Arbeiterklasse solchen Anforderungen gewachsen ist.