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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
14./20. August 1904

Auf dem internationalen sozialistischen Kongreß in Amsterdam sind 24 Länder, darunter auch Japan vertreten.
25 der 67 deutschen Delegierten sind von den Gewerkschaften entsandt. In einem packendem Rededuell zwischen J. Jaurès und A. Bebel weist der französische Sozialistenführer die deutschen Sozialdemokraten darauf hin, daß die Größe und der Glanz der Partei in einem beängstigenden Gegensatz zu ihrer politischen Ohnmacht stünde. Die "Dresdener Resolution" wird mit 25 gegen fünf Stimmen bei zwölf Enthaltungen angenommen.
Der Kongreß erklärt den absoluten Generalstreik als undurchführbar. Der politische Massenstreik wird unter bestimmten Bedingungen als äußerstes Mittel, um bedeutende gesellschaftliche Veränderungen durchzuführen oder sich reaktionären Anschlägen auf die Rechte der Arbeiter zu widersetzen, für möglich erachtet.
In der Resolution zur Kolonialfrage werden die sozialistischen Parteien verpflichtet, jeden Gesetzentwurf imperialistischen oder protektionistischen Charakters zu verwerfen und sich jedem kolonialen Eroberungskrieg und jeder militärischen Ausgabe für Kolonien zu widersetzen. Von den Regierungen seien Schutzmaßnahmen für die Eingeborenen zu verlangen. Das Schwergewicht jeder Kolonialreform sei die Selbstverwaltung der Völker in den Kolonien, die schrittweise anzustreben sei.
Die sozialistischen Parteien müssen mit Nachdruck das Frauenwahlrecht verlangen.
Die Arbeiter aller Länder haben Einrichtungen zu fordern, durch welche Krankheit, Unfälle und Invalidität möglichst verhindert werden und durch obligatorische Versicherungsgesetze ihnen ein Rechtsanspruch auf ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt und zur ärztlichen Hilfe gewährt wird.
Der Kongreß macht es deshalb sämtlichen proletarischen Organisationen aller Länder zur Pflicht, die Arbeitsruhe am 1. Mai anzustreben und überall dort, wo es ohne Schädigung der Arbeiterinteressen möglich ist, die Arbeit ruhen zu lassen.
Dieser Beschluß stößt bei der Generalkommission auf Widerstand, da er - wie das Correspondenzblatt schreibt - den Gewerkschaften eine Verpflichtung auferlegt, deren Durchführung nicht allein an zu großen Opfern, sondern weit mehr noch - wegen der Gefahr umfangreicher Aussperrungen vor allem in der Großindustrie - am Selbsterhaltungsinteresse der Gewerkschaften scheitert.
Der wachsenden Gefahr der Trusts können die Arbeitnehmer ihre organisierte Macht gegenüberstellen.
Da sich der Kongreß über die Probleme der Ein- und Auswanderung nicht einigen kann, wird das Thema auf den nächsten Kongreß vertagt.



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