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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
17./19. Mai 1897

Der erste Kongreß der lokalorganisierten Gewerkschaften Deutschland in Halle/Saale erklärt in Erwägung, daß der gewerkschaftliche Kampf vom politischen Kampf um die politische Macht nicht zu trennen ist, daß dieser Kampf aber nur dann mit dem nötigen Nachdruck und der nötigen Einheitlichkeit von den Arbeitern geführt werden kann, wenn er in seinem Charakter als Klassenkampf der Arbeiterklasse gegen ihre Ausbeutung erkannt und geführt wird, daß dieser notwendige und unvermeidliche Klassenkampf nur unter engem und bewußtem Anschluß an die Grundsätze und Taktik der sozialdemokratischen Partei mit Aussicht auf Erfolg geführt werden kann.
Der Kongreß erklärt:
"I. Eine Trennung der gewerkschaftlichen Bewegung von der bewußten sozialdemokratischen Politik ist unmöglich, ohne den Kampf um die Verbesserung der Lage der Arbeiter auf dem Boden der heutigen Ordnung aussichtslos zu machen und zu lähmen.
II. Daß die Bemühungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, die den Zusammenhang der gewerkschaftlichen Bewegung mit der Sozialdemokratie zu lockern oder zu durchbrechen bestrebt sind, als arbeiterfeindliche zu betrachten sind.
III. Daß die Organisationsformen der gewerkschaftlichen Bewegung, die sie in dem Kampfe um die politischen Ziele hindern, als fehlerhaft und verwerflich zu betrachten sind. Der Kongreß sieht in der Form der Organisation, die sich die sozialdemokratische Partei Deutschlands auf dem Kongreß zu Halle a.d.S. 1890 gegeben hat, mit Rücksicht auf die bestehende Vereinsgesetzgebung auch für die gewerkschaftliche Organisation die zweckmäßigste und beste Einrichtung zur Verfolgung aller Ziele der Gewerkschaftsbewegung."
Der Kongreß beschließt die Einsetzung einer fünfköpfigen Zentralkommission, die die Aufgabe hat, unter den Lokalorganisierten planmäßige Agitation zu betreiben und die Interessen der Organisation nach außen hin zu vertreten.
"Die Lokalorganisationen sind verpflichtet, an jedem Orte neben der Fachorganisation einen Vertrauensmann in öffentlicher Versammlung zu wählen, welcher die Sammlungen zum Agitationsfonds zu leiten und sämtliche Verhältnisse nach den Beschlüssen des Kongresses zu regeln hat... Der Kongreß proklamirt die unbedingte Solidarität der lokalorganisirten Arbeiter mit allen Arbeitern ohne Rücksicht auf die Organisation, sowie die politische Anschauung, soweit sie auf dem Boden des Klassenkampfes stehen."
Eine Mitgliederzahl wird auf dem Kongreß nicht genannt. Das "Correspondenzblatt" schätzt die Zahl auf ca. 10.000.
Zentralorgan wird die wöchentlich erscheinende "Solidarität".



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