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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
7./8. September 1891

Auf der Konferenz der Zentralvorstände der Gewerkschaftsverbände in Halberstadt sind 39 Gewerkschaften durch 42 stimmberechtigte Delegierte vertreten, 38 Vertreter von Zentralvorständen, 1 Vertreter der Töpfer sowie Vertreter der Leipziger, Dresdener und Chemnitzer Gewerkschaften. Die Tagesordnung lautet: Bericht der Generalkommission; Stellungnahme der Zentralvereine zur Generalkommission; Einberufung des Gewerkschaftskongresses; Organisation der deutschen Gewerkschaften resp. der Organisationsentwurf der Generalkommission.
Der Organisationsplan der Generalkommission findet, trotz zahlreicher Kritik, eine überraschend große Zustimmung. Außer dem Metallarbeiterverband - er fordert größere Zentralverbände verwandter Berufe statt Unionen und einen Generalrat anstelle der Generalkommission - lehnen ihn nur die kleineren Zentralorganisationen der Maler und Sattler sowie die "lose" Zentralisation der Töpfer - die einzige auf der Konferenz repräsentierte "lokalistisch" orientierte Gewerkschaftsorganisation - ab. Auch E. Döblin hält an seiner Ablehnung fest.
Die Generalkommission erhält ein festes finanzielles Fundament: Mit 35 gegen 1 Stimme (bei 6 Enthaltungen) wird beschlossen, daß künftig jede Zentralorganisation pro Mitglied und Quartal 3 Pfennige an die Generalkommission abliefern soll - auf der Berliner Konferenz war es den einzelnen Gewerkschaftsverbänden überlassen worden, je nach ihrer Mitgliederzahl die Generalkommission finanziell zu unterstützen. Die Buchdrucker sprechen sich gegen einen festen Beitrag aus. Sie schlagen Sammlungen zur Unterstützung der Generalversammlung aus. Schließlich wird ihr Terminvorschlag für den geplanten Gewerkschaftskongreß, Anfang März 1892, von der Konferenz mit großer Mehrheit gebilligt.
Indes wird der Entwurf schließlich mit einigen Änderungen, die sich u.a. auf die Aufnahme der Gemaßregeltenunterstützung, auf die Regelung des Preßwesens durch die Unionen und auf die Zusammensetzung der Generalkommission beziehen, angenommen.
Die führenden deutschen Gewerkschaftsfunktionäre bestätigen die Generalkommission als zentrales Organ der deutschen Gewerkschaftsbewegung. Zugleich grenzen sie Aufgaben und Befugnisse der Generalkommission genauer ab. Danach ist die Generalkommission nur noch verpflichtet, Abwehrkämpfe um das Koalitionsrecht zu unterstützen, nachdem der Vorstand der betreffenden Gewerkschaft genau geprüft hat, ob ein solcher Ausstand Aussicht auf Erfolg bietet. Während der ersten 14 Tage soll die entsprechende Gewerkschaft die Unterstützung der Streikenden selbst tragen. Erst nach Ablauf dieser Karenzzeit ist die Generalkommission berechtigt, einen Zuschuß "nach den vorhandenen Mitteln, jedoch nur bis zur Höhe von 6 Mark pro Kopf und Woche" zur Unterstützung der Streikenden zu leisten. Ausdrücklich wird beschlossen, daß die Generalkommission Anleihen "nur unter Zustimmung der Mehrheit der Gewerkschaftsvorstände" aufnehmen dürfe.
Schließlich beschließt die Konferenz auf Vorschlag der Generalkommission, den allgemeinen Kongreß der Gewerkschaften für März 1892 einzuberufen.



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