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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
17. April 1877

Die sozialdemokratischen Abgeordneten, unterstützt von vier Bürgerlichen, reichen den Entwurf eines Arbeiterschutzgesetzes im Reichstag ein. In ihm wird verlangt:
Ein Vorgehen gegen das Truckunwesen, gegen die Gefängnisarbeit für Privatunternehmer und gegen Mißstände im Lehrlingswesen;
einen Maximalarbeitstag: für Männer 10 Stunden, sonnabends 9 Stunden - für Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter (in diesem Falle immer unter 18 Jahren) 8 Stunden - Regelung der Pausen, des Beginnes und Endes der Arbeitszeit;
Verbot der Nachtarbeit, unter enger Begrenzung der Ausnahmen, die aber für Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter überhaupt nicht in Frage kommen;
Verbot der Sonntagsarbeit mit ganz bestimmten Ausnahmen für Verkehrsanstalten, Gastwirtschaften und Vergnügungsunternehmungen, für den Handel mit Nahrungsmitteln und für Gewerbe mit notwendig ununterbrochenem Betrieb, dafür hier ein Ruhetag in der Woche - jedoch abermals gänzliches Verbot für alle Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter;
Verbot bestimmter Arbeiten für Arbeiterinnen (unter der Erde, bei Hochbauten...) - Schonzeit für Schwangere (3 Wochen) und Wöchnerinnen (6 Wochen);
Verbot der Arbeit von Kindern unter 14 Jahren;
obligatorische Fach- und Fortbildungsschulen bis zum 18. Lebensjahre;
obligatorische Fabrik- und Werkstattordnungen mit bestimmtem Inhalt;
Gleichheit der Kündigungsfrist für Unternehmer und Arbeiter;
Regelung der sofortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses;
obligatorische Gewerbegerichte mit gleicher Beteiligung der Unternehmer und Arbeiter, gewählt auf Grund des allgemeinsten Wahlrechts (auch der Arbeiterinnen).
Dazu tritt die Forderung nach Gewerbekammern (Arbeitskammern), zur Hälfte aus Arbeitgebern, zur anderen Hälfte aus Arbeitern zusammengesetzt und dazu berufen, die Gewerbs- und Arbeitsinteressen zu vertreten, den Behörden regelmäßig Berichte zu erstatten, welche zu veröffentlichen sind, Anträge an die Behörden zu stellen, sowie gemeinsame gewerbliche Einrichtungen und Fortbildungsanstalten zu beaufsichtigen. In jedem Gewerbekammerkreis soll aber die Aufsicht über die Ausführung und Innehaltung der zum Schutze der Arbeiter getroffenen gesetzlichen Bestimmungen einem Reichs-Arbeitsinspektor, dem späteren Fabrikinspektor und Gewerbeaufsichtsbeamten, zustehen. Schließlich wird auch noch eine größere Sicherung der Koalitions-, Versammlungs- und Vereinsfreiheit erstrebt.
Die Anträge werden nicht diskutiert.



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