Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Am Gewerkschaftskongreß in Magdeburg nehmen 30 Delegierte teil, die die Internationale Metallgewerkschaft, die Gewerkschaft der Holzarbeiter, die Maurer- und Zimmerergewerksgenossenschaft, den Allgemeinen Deutschen Schneiderverein, die Internationale Gewerkschaft der Schuhmacher und den Allgemeinen Deutschen Sattlerverein vertreten. Die Tagung wird ständig von der Magdeburger Polizei behindert, indem sie die Sitzungen am 24. Mai untersagt und am 25. Mai erst nachmittags zuläßt.
Stichtag:
23./25. Juni 1874
Die Konferenz diskutiert und beschließt neue - von Th. Yorck vorgelegte - Statuten.
Nach § 1 der Statuten ist die "Gewerkschaftsunion" ein Verband der Gewerkschaften "zur gegenseitigen Wahrung ihrer Interessen und zur gemeinsamen Förderung ihrer Bestrebungen".
Nach § 2 sollte dieser Zweck erreicht werden:
"a) durch Kräftigung und Erweiterung aller von den vereinigten Gewerksgenossenschaften errichteten Schutz-, Unterstützungs- und Hilfskassen sowie Durchführung bedingungsloser Freizügigkeit und Gegenseitigkeit für alle diesen Kassen angehörende Mitglieder des Verbandes;
b) durch Förderung des Arbeitergenossenschaftswesens, Errichtung eigener Arbeitsvermittlungsbureaus, desgleichen für statistische Erhebungen über Arbeits-, Lohn- und Lebensverhältnisse der Arbeiter;
c) durch Gründung von Gewerkschaftsorganen zur Förderung und Vertretung der Gewerkschaftsinteressen auch durch die Presse."
Die Leitung der Union solle durch den alljährlich stattfindenden Kongreß der Union, durch einen Zentralausschuß, durch eine ständige Kommission erfolgen. In ein paar sehr wesentlichen Punkten weicht die Magdeburger Unionssatzung von der Erfurter Satzung ab. Dort war die Unterstützung bei Lohnbewegungen genau geregelt, hier geschieht das nicht. Natürlich soll aber auch bei Lohnbewegungen die Union in Funktion treten, denn ausscheidende Gewerkschaften sollen alle Ansprüche auf jede Unterstützung der Union bei Arbeitseinstellungen verlieren. Die Regelung dieser Unterstützung ist dem Zentralausschuß überlassen.
Von den Beiträgen, die von den Gewerkschaften an die Hauptkasse zu zahlen, sind sollen die Kosten für die Verwaltung und die Agitation bestritten und aus den etwaigen Überschüssen ein Unterstützungsfonds angesammelt werden.
Mit den Funktionen der ständigen Kommission, die als Beschwerdeinstanz gedacht ist, der auch die Kontrolle über die Geschäftsführung des Zentralausschusses zusteht, wird der Ausschuß der Metallarbeiter betraut.
Die Delegierten beschließen erneut, eine Gewerkschaftsunion zu bilden und eine eigene Zeitung herauszugeben: "Die Union", Organ der deutschen Gewerksgenossenschaften. Zahlreiche Gewerkschaften scheuen jedoch die finanzielle Belastung, die mit einem Beitritt zur "Union" verbunden ist und lassen ihre zunächst zugesagte Mitgliedschaft ruhen.