Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
In Leipzig wird - auf Initiative von F. W. Fritzsche (Vizepräsident des ADAV) - der "Allgemeine Deutsche Zigarrenarbeiterverein" gegründet, dessen Zweck nach § 1 des Statuts in einer "auf Gegenseitigkeit gegründeten Unterstützung in Fällen der Arbeitslosigkeit" besteht. An der Spitze der Verbandsforderungen stehen - wie 1848 - die Beseitigung der Frauenarbeit, das Verbot der Zigarrenherstellung in Zuchthäusern, die Gründung von Assoziationsfabriken und die Einrichtung von Kranken- und Sterbekassen. Neu ist die Forderung, die Heimarbeit zu beschränken, da der Verband in ihr die Ursache für die schlechten Lohnverhältnisse der Zigarrenarbeiter sieht. Der Verband strebt vor allem die gegenseitige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit durch eine Unterstützungskasse an, ein Ziel, das wegen der ständigen Geldnöte erst viele Jahre später verwirklicht werden kann.
Stichtag:
24./27. Dezember 1865
Der Beitritt ist auf die Zigarrenarbeiter beschränkt, wird aber 1869 auf "sämtliche Arbeiter der Tabakproduktion" ausgedehnt.
Wegen der noch bestehenden Vereinsgesetze sind alle Mitglieder direkt am Verbandssitz angemeldet - Einheitsorganisation mit direkter Mitgliedschaft. Zum Vorsitzenden wird F. W. Fritzsche gewählt. Sitz des Verbandes wird Frankfurt a. Main, ab 1. Januar 1868 Berlin. Als Publikationsorgan bis zur nächsten Generalversammlung wird neben dem "Social-Demokrat" die Zeitung des Coburger Arbeiterbildungsverein "Arbeiter-Zeitung" gewählt. Der Zigarrenarbeiterverband ist die erste zentrale gewerkschaftliche Organisation in Deutschland seit 1849.