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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
3./5. September 1865

3. Vereinstag der Arbeitervereine in Stuttgart. Auf ihm sind 60 Vereine und ein Gauverband mit insgesamt 60 Delegierten vertreten. Die Diskussion über Arbeitszeit und Koalitionsrecht verläuft kontrovers. So wird einerseits von Arbeitseinstellungen abgeraten, da sie sich unter Umständen an den Arbeitern schwer rächten, demgegenüber werden als "vielleicht rettende Gedanken" Gewinnbeteiligung der Arbeiter und gemischte Kommissionen von Unternehmern und Arbeitern, die über Lohnerhöhungen entscheiden, empfohlen. Andere Redner meinen, die Frage über die Abkürzung der Arbeitszeit sei deshalb wichtiger als die der Koalition, weil sich die Arbeiter schon daran gewöhnt hätten, sich zu vereinigen; so gut wie andere Leute das Recht hätten, hätten es die Arbeiter auch, darüber stritten sich vernünftige Menschen überhaupt nicht mehr. Aber über die Notwendigkeit der Verkürzung der Arbeitszeit bestünde auch bei den Arbeitern noch vielfach Unklarheit, da tue Aufklärung not. Der Arbeitgeber dürfe in der Fabrik nicht als souveräner Fürst herrschen, er müsse mit den Arbeitern Hand in Hand gehen. Dabei müßten die Arbeiter auf Selbsthilfe bauen. Die Delegierten beschließen, das Koalitionsrecht sei ein "natürliches Recht", das keinesfalls geschmälert werden dürfe, ferner wird eine Verkürzung der Arbeitszeit für notwendig erklärt, und zwar sowohl für die Arbeiter als auch für die Unternehmer. Für die Arbeiter deshalb, weil sie ihnen die Erlangung der Bildung ermögliche. Die Einführung von Stückarbeit sei das Mittel dazu.
Akkordarbeit wird als Mittel zur Erhöhung des Arbeitslohnes befürwortet, obwohl die Gefahren der Akkordarbeit gesehen werden, da Arbeiter durch sie "Sklaven ihrer selbst" werden können. Zu empfehlen sei die Gründung von Produktionsgenossenschaften. Die Arbeiter werden aufgefordert, sich mit aller Kraft für die Eroberung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts einzusetzen. Die Beschlußfassung über die Frauenarbeit setzt der Kongreß aus. Er erklärt sich aber mit den Leitsätzen eines Referenten einverstanden, wonach die Frauen zu allen Arbeiten zuzulassen seien, zu denen sie fähig sind. Auch wird angeregt, durch Belehrung und Unterstützung der Arbeiterinnen dafür zu wirken, daß Arbeiterinnenvereine nach den Grundsätzen der Selbsthilfe gegründet werden sollen. Die Beschlüsse über die soziale Befreiung der Frauen schließe auch die Forderung des Stimmrechtes für sie ein.
Die Organisation zählt 106 Vereine mit 23.000 Mitgliedern.



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