Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Einige liberale Abgeordnete stellen im preußischen Abgeordnetenhaus den Antrag, das Koalitionsverbot aufzuheben. Strafbestimmungen sollen indessen - wie in Sachsen - bestehen bleiben. Sie begründen ihren Antrag folgendermaßen:
Stichtag:
4. März 1862
"... Die Bestrafung der freiwilligen Verabredungen in bezug auf übereinstimmendes Verfahren beim Geben und Nehmen von Arbeit ist eine Verletzung der persönlichen Freiheit. Solange dieses Verbot besteht, bleiben die Arbeiter in dem Wahne, daß ihr Lohn durch eine gewisse Willkür zu ihrem Nachteil gestellt wird und daß sie durch übereinstimmendes Handeln den Lohn auch willkürlich zu ihren Gunsten anders stellen können; sie kommen nicht zu der pragmatischen Einsicht, daß ihr Lohn allemal volkswirtschaftlich auf naturgemäße Weise durch Angebot und Nachfrage sich bestimmt. Die Folgen versuchter Arbeitseinstellungen sind die beste Abschreckung gegen die Wiederholung des Versuches."
Der Antrag wird wegen Schluß der Sitzungsperiode nicht beraten. Das gleiche passiert ein Jahr später, nachdem am 30. April 1863 der gleiche Antrag noch einmal eingebracht wird. Diese Initiativen regen aber die Diskussion an und führen seit der Mitte der 60er Jahre in der Praxis zu einer Lockerung des Koalitionsverbotes.